Letzter Tag. Zack ist er da. Irgendwie wie dieses Weihnachten, das jedes Jahr vollkommen unverhofft kommt. Ein Mittwoch. Eigentlich will ich ab Montag meinen Schreibtisch aufräumen. 10 Uhr Konferenz. 11 Uhr „kannst du kurz was drehen?“ zurück bin ich um 16 Uhr. War nicht viel mit Aufräumen… Zettel wegwerfen, Geschichten übergeben, telefonieren, von lieben Protagonisten verabschieden, mit denen man schon länger Kontakt hat. Mit Kollegen schnacken. Wo sonst nie Zeit war – plötzlich findet sich auch hierfür ein Minütchen. Mein Schreibtisch ist nach wie vor Chaos, was soll’s. Es ist mein lezter Arbeitstag und ich verabschiede mich zu einer Weltreise, da sieht man es einfach nicht mehr so eng.
Kuchen und Sekt helfen immer
Es ist Mittwoch morgen und ich schleppe eine ganze Ikea-Tüte Kuchen ins Büro (den ich wohlgemerkt bis nachts selbst gebacken habe – was man plötzlich nicht alles tut, wenn man den Job kündigt) und jede Menge Sekt. 14 Uhr habe ich für Sekt, Kuchen und Abschied angesetzt. Wie immer bin ich super vorbereitet (*hüstel*), schleppe um 13:40 alles in die Küche, stelle um 13:55 Uhr fest, dass ich den O-Saft vergessen habe.
Eine ganze Ikea Tüte mit Kuchen – alles für die Kollegen
Unsere Praktikantin hat frei. Im CvD-Büro entdecke ich eine halbe Flasche Saft, die ich mir mit einem Lächeln wegschnorre. Kommt ja der Allgemeinheit zugute. Meine Kollegin freut sich, dass es endlich mal keinen Grund gibt, den guten Sekt mit O-Saft zu vermischen. Gern geschehen.
Der letzte Tag im Büro kommt nicht nur so unverhofft wie Weihnachten, sondern fühlt sich auch ein wenig so an. Die Kollegen haben einen fetten Gutschein vom Outdoorladen erstanden (Danke an dieser Stelle für Steckdosenadapter*, riesen Packsave*, Regenschutzhülle und Wetbag – damit sollte ich bestens gerüstet sein und denke unterwegs an euch!). Dazu bekomme ich eine riesengroße Weltkarte mit Fotos beklebt (beim ein oder anderen werde ich mich sicherlich noch zwecks Tipps melden) und einen dicken Strauß Blumen – Blumen der Welt erklärt mir mein Chef, diese werde ich unterwegs sicherlich entdecken, meint er. Ich halte Ausschau, versprochen!
Die Weltkarte beklebt mit den Kollegen – eine wirklich süße Idee. Ich habe mich gefreut.
Meine Rede ist mehr als holprig, irgendwie denkt man hundert Mal darüber nach, was man schlaues sagen könnte, wenn’s dann soweit ist, fällt einem nichts mehr ein. Ich verdrücke kein Tränchen, auch wenn ich nah dran bin. Zum Abschied wird man doch immer sentimental… Dafür verdrückt meine Lieblingssitznachbarin ein paar, fast unbemerkt, aber nur fast. Und jeder fragt natürlich wo es als erstes hingeht, nach Asien sage ich Schulterzuckend, mehr wissen wir noch nicht. Dass wir ohne Plan um die Welt reisen, wundert bei mir im Büro kaum jemanden, schließlich sind unsere Tage als Reporter auch oft extrem spontan. BreakingNews klopfen selten vorher an und melden dass es gleich los geht. Wird schon werden.
… und doch ein wenig Wehmut
Am Abend kommt ein Kollege mit meiner Auflaufform im Arm, den letzten Rest Kirschcrumbles mampfend, vorbei. Muss ja schließlich weg bevor’s schlecht wird (so schlecht können meine Backkünste gar nicht sein). Wir schwelgen ein bißchen in Erinnerungen, es ist unser zweiter Abschied, wir haben schon einmal in einer anderen Firma zusammengearbeitet. Ich bin tatsächlich ein wenig wehmütig, er beneidet mich. So sehr ich mich auf die bevorstehenden Monate freue, fällt mir der Abschied nun plötzlich doch schwer. Raus aus der Routine, aus dem gemachten Nest, rein ins Ungewisse. Ungewissheit brachte mein Job zwar häufig mit sich, ein spontaner Flug ins Ausland, um eine Geschichte zu drehen, von der man nicht weiß wie sie endet oder wann man wieder zurück kommt. Aber trotzdem gab es immer das Backup – die Kollegen, die einen vom Schreibtisch aus unterstützten, das Reisebüro das einem noch schnell das letzte Zimmer reservieren konnte, die Botschaft, die man im äußersten Ernstfall anrufen konnte oder zur Not einfach die Firmenkreditkarte, die einem die Rückreise sicherte.
Eine Kreditkarte nehmen wir zwar auch mit, allerdings muss ich die Reisekostenabrechnung bei mir selbst einreichen. Und die netten Kollegen vom Reisebüro buchen leider keine Privattouren. Außerdem haben wir nun ein doch etwas abgespeckteres Budget (nein, im Job durfte ich auch nicht mich Geld um mich werfen, aber ein sauberes, schickes Hotelzimmer war schon drin – auch wenn es nicht überall ein sauberes gab).
Überhaupt höre ich ausschließlich nette Worte. Ein bißchen Fernweh steht fast jedem ins Gesicht geschrieben. Und hier und da klingt durch, dass man so was ja auch gerne gemacht hätte, wenn nicht … Ja dieses wenn. Und jeder hat noch einen Tipp parat, welche Länder wir uuuunbedingt besuchen müssen und schwelgt in eigenen Erinnerungen. Die meisten sagen, das sei mutig was wir machen. Kündigen und was Neues wagen. Ist es, ich weiß. Aber sie sagen es nett, bewundernd, manch einer auch ein kleines bißchen sehnsüchtig. Und fast jeder sagt: „das ist genau richtig, was du tust!“ Na dann, muss es ja passen.
Und, wie fühlt sich’s an?!
Um halb sieben habe ich alles erledigt, verschenke die letzten Sektflaschen, sammle meinen Kram ein und schicke die letzte Mail an die Kollegen: Servus und bis irgendwann.
Max holt mich ab, wäre dann doch ein wenig viel zu schleppen. Und außerdem ist’s gut, denn andernfalls hätte ich im verspiegelten Fahrstuhl – als ich mich anblicke und denke Wow, das war’s jetzt, du hast echt gekündigt! – vielleicht doch noch ein Tränchen verdrückt. Ich stehe ich der U-Bahn mit der ich jeden Tag gefahren bin. Mein Handy fiept, auf dem Display eine SMS „und, wie fühlt sich’s an?!“
Mit Blumen, Geschenken und vielen Erinnerungen geht es ein letztes mal nach Hause – bye bye Büro, hallo Weltreise
Hm, eigentlich noch gar nicht anders, erst mal wie Urlaub. Naja, nicht mal. Eigentlich komme ich gar nicht zum Nachdenken, denn die kommenden Wochen sind vollgestopft mit Planung, Terminen, Vorbereitung, Packen und Machen. Richtig nachgedacht habe ich bislang immer noch nicht, aber das Bauchgefühl ist gut! Ich werd euch nicht vergessen liebes Büro, ich schick einfach mal ne Karte. Oder vielleicht lieber eine Mail mit Foto – von einem Strand im Paradies.
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