Zwei Lagunen, drei Gletscher, Herden von Lamas und Alpakas und ein 5350 Meter hoher Berg – und das alles an einem einzigen Tag! Das alles kann man am Pico Austria erleben, einem der majestätischsten Berge in Bolivien mit einer der atemberaubendsten Wanderrouten. Und das ist wörtwörtlich zu verstehen – der Atem blieb mir an diesem Tag mehr als einmal weg. Aber dazu später mehr. Vielleicht sollte man statt einer Wanderung eher von einer Bergsteigerroute sprechen? Ich will ehrlich sein, es war eine der anstrengendsten Touren, die ich je gemacht habe (nur der Aufstieg auf den Acatenango in Guatemala war noch anstrengender), dafür ist die Tour aber auch einzigartig. Spektakulär. Und der Pico Austria ist noch ein echter Geheimtipp in der Nähe von Boliviens Hauptstadt La Paz!
Pico Austria – das heißt Gletscher soweit das Auge reicht
Ob es daran liegt, dass die Anfahrt recht lang ist oder an der anstrengenden Wanderroute – ich weiß es nicht. Aber fest steht: macht diesen Trek wenn ihr in La Paz seid. Es lohnt sich so sehr. Die Natur ist wunderschön bis spektakulär und erinnerte mich stark an die Treks in Huaraz in Peru – nur komplett ohne Menschen. Wir sind auch nur durch Zufall auf diesen Trek gestoßen. Ich hatte ein Bild der Chiarkota Lagune entdeckt und sofort war klar, da müssen wir hin!
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Dass wir neben der hübschen Lagune auch noch auf einen 5300er klettern würden, war uns bei der Buchung gar nicht so klar. Ups, hatte man wohl vergessen zu erwähnen. Kleiner Tipp am Rande: bevor ihr in Bolivien eine Tour bucht, erkundigt euch genau wo es hingeht und wie die Bedingungen sind. Man verkauft in Bolivien nämlich wirklich einfach alles und an jeden! Oder man erzählt einem, dass es ganz toll und einfach erreichbar sei. Der gute Mann zeigte uns jedenfalls Bilder vom Gipfel und der Aussicht und fügte hinzu, dass der Aufstieg gaaaar kein Problem sei. Na dann, auf in die Berge!
Der lange, steinige Weg ins (Berg-) Paradies
Wir machen uns also morgens um 7 Uhr auf den Weg. Es ist mein Geburtstag. Eigentlich wollte ich den am Strand, mit Cocktail in der Hand und Sonne auf dem Bauch feiern, aber irgendwie war in Bolivien diese Landschaft gerade nicht in greifbarer Nähe. Dann halt Berge statt Beachday. Unser Guide holt uns am Hotel ab, in einem ziemlich kleinen, ziemlich schrottigen, etwa 30 Jahre alten Toyota. Ah ja, und damit fahren wir nun in die Berge?! Aufgrund der Routenbeschreibung am Vortag hatte ich zumindest irgendein Jeep-ähnliches Gefährt erwartet. Oder zumindest irgendwas halbwegs stabiles, jedenfalls keinen rollenden Blechhaufen. Aber unwegsames Geländer hin oder her – das spielt in Bolivien keine allzu entscheidende Rolle – alles was 4 Räder und einen Motor hat ist geeignet um überall hin zu fahren.
kein Allrad und wenig geländetauglich, aber Hauptsache die Deko passt
Von La Paz aus ist die Fahrt zum Pico Austria lang, fast 3 Stunden rumpeln wir in der kleinen Rostlaube zu fünft durch die Landschaft. In El Alto machen wir kurz auf dem Markt halt und unser Fahrer/Guide kauft noch schnell das Mittagessen für die Tour. In der Ferne sehen wir die Gipfel der Cordillera Real, weiß, mit Schnee bedeckt vor dem strahlend blauen Himmel. Sobald wir von der Autobahn abbiegen, fühlt man sich wie in einer Bergpanorama-Ansichtskarte. Die unbefestigte Strasse schlängelt sich durch malerische Landschaften. Wir holpern über Feldwege, durch Bäche und Schlaglöcher, vorbei an Schafhirten und windschiefen Hütten. Herden grasender Alpakas und Lamas ziehen am Fenster vorbei (und stehen manchmal auch auf der Straße).
Idylle pur. Zumindest optisch. Denn das Leben der Menschen hier draußen ist hart. Sie leben von der Viehzucht. Von Alpakas, Lamas und Schafen. Alle ein, zwei Wochen fahren sie nach La Paz um ihre Ware zu verkaufen. Nicht etwa mit ihrem Auto, nein, sie laufen den langen Weg bis zur Schnellstraße um dort einen Bus anzuhalten. Für unsereins kaum vorstellbar. Die Steinhütten sind einfach, ohne jeglichen Komfort. Strom, fließend Wasser oder eine Heizung gibt es hier draußen nicht. Unvorstellbar bei dieser Kälte. Nach einer Stunde Fahrt kommt ein solide gebautes Gebäude in Sicht: die Schule, erklärt uns unser Fahrer. 12 Kinder werden hier unterrichtet.
Anfang noch schüchtern, freunden wir uns bald an und dürfen auch das Schäfchen streicheln
Bei diesem Fellknäuel handelt es sich tatsächlich um einen Hund
Der eigentliche Grund unserer Tour: La Laguna Chiarkota
Wir starten unsere Wanderung bei 4500 Metern. Vorbei an einer Lagune. Auf der Wiese grasen Esel, Lamas und Alpakas. Nach etwa 30 Minuten kommen wir zur Laguna Chiarkota – dem eigentlichen Grund, weshalb ich diese Tour überhaupt machen wollte. Und was soll ich hier noch viel sagen? Die Lagune ist schlicht wunderschön.
Allerdings ist es extrem windig und so gibt es kein Bild von sich spiegelnden Berggipfeln im Wasser. Es herrscht Wellengang. Trotzdem ist die Lagune schön und die Tour hat sich meiner Meinung nach schon gelohnt. Je nachdem von wo aus man die Lagune betrachtet, scheint das Wasser in einer anderen Farbe. Hinter der Lagune erhaschen wir den ersten Blick auf den Gletscher – einer von dreien, die wir heute noch sehen werden.
Tipp: Wem der komplette Trek zu anstrengend ist, der kann auch nur die Tour zur Lagune buchen. Die Anfahrt bleibt allerdings ebenso lang und der Preis ist nur minimal günstiger.
Der Aufstieg zum Pico Austria – mein Abstieg
Doch unser Guide schaut auf die Uhr und scheucht uns nach nur 15 Minuten weiter. War so zwar nicht gebucht, aber was bleibt uns anderes übrig, als ihm den Berg hinauf hinterher zu hecheln – wir haben schließlich die komplette Tour inklusive Pico Austria gebucht. Und haben keine Ahnung was wir da getan haben…
Direkt hinter der Lagune geht’s aufwärts. Steil auswärts. Ausschließlich aufwärts. Und auf 5000 Metern ist die Luft verdammt dünn. Es ist anstrengend. Der Wind pfeifft uns bitterkalt um dir Ohren. Meine Lunge brennt als würde man im Januar in Berlin Joggen gehen. Irgendwann machen wir eine kurze, kalte Mittagspause. Es gibt Hühnchen, Reis und Kartoffel, boah tut das gut. Ein Abendessen im 5-Sterne-Restaurant könnte in diesem Moment nicht besser schmecken.
Tja und dann geht’s weiter aufwärts. Wir kämpfen uns Meter für Meter vorwärts, alle 10 Minuten machen wir Pause und japsen nach Luft. Der Weg ist steil, das Geröll rutschig. Die Steine schimmern golden in der Sonne. Hatte ich schon erwähnt wie anstrengend der Aufstieg ist?!
Als wir den Kamm erreichen, tauchen auf der anderen Bergseite wie aus dem Nichts gigantische Gletscher auf – und zwar gleich drei! Die Glacieres de Condoriri. Das Panorama ist schier unwirklich, die Aussicht atemberaubend – im wahrsten Sinne des Wortes.
Um ehrlich zu sein, könnte ich hier bleiben. Das erste Mal macht mir die Höhe echt zu schaffen. Die Rainbowmountains waren ein netter Spaziergang verglichen mit dem hier! Vergesst den Pastoruri-Gletscher, vergesst Laguna 69. Der Pico Austria toppt alles!
Nach etwa 10 Minuten am Gletscher scheucht unser Guide uns erneut weiter. Erhlich gesagt dachte ich, wir seien schon angekommen. Aber nein. Wir klettern weiter. Noch höher. Noch anstrengender. Jetzt halten wir alle 5 Minuten an, japsen nach Luft. Wäre mein Ehrgeiz nicht so groß, ich hätte aufgegeben. Unsere brasilianische Begleiterin krabbelt mittlerweile auf allen vieren.
5350 Meter – der Gipel des Pico Austria
Und dann haben wir es endlich geschafft! Der Gipfel. 5350 Meter. Als ich endlich am oben ankomme, habe ich zwar das Gefühl zusammenzubrechen, doch die Aussicht hält mich aufrecht. Vor meinen Füßen erstreckt sich die Welt in einem 360 Grad-Panorama. Bergseen, Gletscher, Berge. Schneeverhangene Berge, ewiges Eis, in der Sonne glitzernde Glescherlagunen.
fix und fertig aber glücklich
Für diesen Anblick hat sich der Aufstieg gelohnt
Gerade mal 15 Minuten geniessen wir die Gipfel-Aussicht, dann brechen wir dank grollender Wolken über uns erneut auf. Das Wetter in den Bergen ist wechselhaft, egal wo auf dieser Welt. Immerhin haben wir noch so viel Glück gehabt, um in alle Richtungen ein Foto schießen zu können. Binnen Minuten sind wir in dichte Nebelschwaden gehüllt und es beginnt zu schneien.
Nebel zieht auf…
… und binnen Minuten ist der Gletscher nahezu verschwunden.
Also machen wir uns auf den Weg, der Abstieg beginnt. Der ebenso lang und zäh wird er werden – das ahnen wir schon. Der eisige Wind verwandelt den Schnee in Hagelkörner, die uns gnadenlos ins Gesicht peitschen. Nach einer Stunde kann ich meine Lippen kaum mehr bewegen. Es ist der Moment in dem einem das Innere der Nase einfriert. Der Weg wird glitschig und die Sicht reicht gerade mal für 20 Meter.
Der schmale Pfad ist tatsächlich der Weg
Zur Krönung verläuft sich unser Guide auch noch. Von Wegen ist längst nichts mehr zu sehen und plötzlich stehen wir vor einem Abhang. Mittlerweile frage ich mich, wie oft er den Weg schon gegangen ist… Wir stolpern und rutschen letztendlich einen Abhang hinunter und irgendwann landen wir immerhin auf der Lama-Route – dem Weg, den die Lamas in die Berg nehmen. Aber solange wir unten ankommen ist auch das ok…
Tun wir letztendlich auch. Vermutlich mit einem kleinen Umweg, aber wir kommen heil unten an. Um unser Auto herum grasen Alpakas im Schneetreiben. Die scheint es wenig zu stören. Wir kippen ins Auto und ich will beherzt in mein langersehntes Snickers beißen (das ich eigentlich auf dem Gipfel essen wollte – nichts geht über ein Snickers auf 5000 Metern). Und beiße mir fast einen Zahn aus. Das Snickers ist steinhart gefroren. Gut, dann gibt’s das halt später. Und nächstes Jahr feier ich wirklich am Strand!
Alles was du für die Tour zum Pico Austria wissen musst:
Lagune Nummer 1 auf dem Weg zum Pico Austria
Lamas und Alpakas sind im Tal allgegenwärtig
Mit der Spiegelung im Wasser haben wir an diesem Tag kein Glück, egal, die Laguna Chiarkota ist trotzdem wunderschön
Was idyllisch aussieht, ist auf über 4000 Metern verdammt anstrengend
Höher und höher geht es auf den Berg, der Weg wird immer ungemütlicher
von oben sieht es ziemlich einfach aus
Die Glacieres de Condoriri – drei Gletscher auf einmal.
Auf 5140 Metern dachte ich, wir seien am Gipfel angekommen…
Aber nein, unser Giude scheucht uns höher und höher.
… erst mal Pause machen – die Aussicht ist einfach zu schön.
200 Höhenmeter und eine Stunde später – fast geschafft!
5350 Meter – mein (bislang) höchster Berg!
einfach nur glücklich (und ziemlich fertig)
Selbst Max kann nicht genug von der Aussicht bekommen. Ihm macht die Höhe weniger fertig als mich.
Und dann geht’s auch schon wieder nach unten…
Der Weg scheint bei schlechtem Wetter noch länger…
… und wir immer rutschiger und düsterer.
Typisch Berge – das Wetter spielt total verrückt.
Ich habe ehrlich gesagt nicht gezählt, wieviele Lagunen wir an diesem Tage gesehen haben.
Den Lamas und Alpakas scheint das Wetter nichts auszumachen.
Planst du eine Tour nach Bolivien und hast noch Fragen zum Pico Austria? Oder warst du schon in Bolivien und hast eine ähnliche Wanderung gemacht? Verrate es mir doch gerne im Kommentar.
Hallo,
Welches Monat wart Ihr am Berg ?
Hallo Dominik,
wir waren Anfang November dort.
Viele Grüße
Steffi
Hallo Eva, wir (Werner Holzmann Alter 76 Jahre und Werner Tschische Alter 73 Jahre) haben gestern (am 08.10.2022) den Pico Austria bestiegen. Wir sind Österreicher, deshalb war der Pico Austria für uns ein Muss. Wir haben einen Rundweg von Juricota über den Pico Austria und dann zum Chiarcota See gemacht. Für mich war es der erste 5tausender aber ich habe die Höhe gut vertragen. Aber es war anstrengend, weil wir die Nacht davor im Zelt verbringen mussten. Es war bitter kalt und an Schlaf war nicht zu denken. Um 12 Uhr waren wir am Gipfel und hatten ein Traumwetter. Beim Aufstieg war auch eine kleine Ketterrei zu bewältigen.
Übermorgen geht’s auf den Acotango, ein 6tausender- ich hoffe, wir schaffen es. Die 20 Tage in Bolivien haben wir bei „Andean Expeditions Dirninger“ gebucht. Es hat bisher alles bestens geklappt! Unsere Stationen bisher: Sucre, Potosi, Uyuni mit Salzwüste, etliche Lagunen,La Paz und Umgebung, Titikakasee mit Sonneninsel und gestern der Pico Austria. LG Werner und Werner. Wie kann ich Fotos posten?
Hallo Ihr zwei,
ich ziehe meinen Hut! Ich war damals Anfang 30 und schon komplett fertig als wir auf über 5tausend Meter waren. Eure Tour hört sich so überragend gut an. Freue mich sehr für euch! Würde sofort wieder nach Bolivien reisen!
Habt noch ganz viel Spaß!
Viele Grüße
Steffi
PS: Fotos kann man hier in den Kommentaren leider nicht einfügen. Wenn Ihr aber die Fotos irgendwo veröffentlicht (Facebook, Instagram oder wo auch immer), dann können wir hier gerne einen Link setzen.
Toller Bericht. Mit welcher Agentur habt ihr die Tour gebucht?
Hi Michael,
wir haben uns damals von verschiedenen Touranbietern einen Preis machen lassen und sind dann irgendwann in einem ganz kleinen Büro gelandet. Auf den Namen komme ich nicht mehr – aber um ehrlich zu sein würden wir den Anbieter auch eh nicht empfehlen. Zwar war die Wanderung der absolute Hammer – aber der Guide und alles drum herum war komplett unprofessionell und einfach nicht gut. Preis war damals 800BOB für zwei Personen (ca. 100€).
Hab viel Spaß wenn Du die Tour machst – hoffe du bist fit ;)
LG
Steffi
Sehr schöner Reisebericht! :)
Danke Christian! Wart ihr das letzte mal denn auch in La Paz? Wenn nicht, kann ich die Stadt – und vor allem die Natur drum herum – sehr empfehlen ;-)