Blaue Feuer und ein türkisfarbener See. Wunderschön, doch hochgiftig. Eine Begegnung mit einem der härtesten Jobs der Welt. Schwefelgase und eine höllisch gute Aussicht. Der Mount Ijen war das faszinierendste, anstrengendste und schönste, was ich auf Java gesehen habe.
Eine Tour um Mitternacht
Als um 00:15 mein Wecker klingelt bin ich mir nicht ganz sicher, ob es die beste Idee war. Wir wollen zum Mount Ijen. Ein Vulkan mit blauen Feuern. Der kleine Haken – die Feuer kann man nur in völliger Dunkelheit sehen. Also weit vor Sonnenaufgang. Und der Weg zur Mine ist weit. Um Punkt 1 Uhr steigen wir in Banyuwangi in den Jeep und fahren eine gute Stunde zum Mount Ijen. Um 2 Uhr klettern wir aus dem warmen Auto. Nieselregen schlägt uns entgegen, es hat die Nacht über im Tal wie aus Eimern geschüttet. Hoffentlich wird der Aufstieg nicht zu rutschig.
Wir testen vor dem Losgehen noch die Gasmasken – die werden wir nämlich brauchen
Der Aufstieg auf den Vulkan Ijen
Im Stockdunkeln machen wir uns auf den Weg. Einige andere Touristen begegnen uns, manche überholen uns, andere bleiben zurück, auf vielen Streckenabschnitten sind wir komplett alleine. Es ist stockdunkel. Den Weg kann man dennoch kaum verfehlen. Immer wieder laufen wir an Arbeitern vorbei, die schwere Handkarren vor sich her schieben oder hinter sich herziehen. Nach oben sind die meisten Karren leer, später transportieren die Arbeiter darin den abgebauten Schwefel in großen Säcken ins Tal.
Außerdem bieten sie ihre Dienste als Taxi an. Wer nicht gut zu Fuß ist, kann sich für 200.000 Rupien hochziehen lassen. Eine Frau sitzt tatsächlich im Wagen. Obwohl sie recht zierlich ist, bedarf es 3 Arbeiter um den Karren den Berg hoch zu schaffen. Man sieht den Männer die Anstrengung an, zwei ziehen, einer schiebt. Für mich kaum begreiflich, wie man so etwas in Anspruch nehmen kann (außer man verletzt sich), die Männer quälen sich Zentimeter um Zentimeter nach oben.
Es ist steil. Sehr steil. Und anstrengend. Bereits nach 15 Minuten sind wir durchgeschwitzt. Der Regen lässt nach je höher wir kommen, dafür nimmt der Wind zu. Nach 35 Minuten kommen wir an der Mittelstation an, laufen aber direkt weiter. Ich träume von einer heißen Tasse Kaffee und meinem Bett. Und bekomme sofort ein schlechtes Gewissen als wir einen weiteren Arbeiter mit seinem schweren Eisenwagen überholen.
Ein Blick in die Hölle der blauen Feuer
Um 3:20 Uhr haben wir unser erstes Ziel erreicht. Die blauen Feuer. Als wir an die Brüstung treten, schimmert es blau in der Tiefe. Bevor ich begreifen kann was ich sehe, ist das Licht schon wieder verschwunden. Mist. Hab ich mir das vielleicht nur eingebildet? Sind wir die 3,5 Kilometer umsonst gelaufen? Nebel zieht auf. Wir harren weiter aus. Ein bitterkalter Wind pfeifft um den Kraterrand. Meine Finger fühlen sich nach wenigen Minuten an wie im Januar in Berlin. Und ich dachte immer in der Hölle sei es heiß. Doch dann verzieht sich der Nebel und die blauen Flammen lodern hell in der Dunkelheit auf.
Die blauen Feuer sieht man nur in absoluter Dunkelheit
Die blauen Flammen sind Schwefelgase, die sich beim Kontakt mit Luft entzünden. Man kann sie nur in völliger Finsternis sehen, allein die Kopflampen der Neuankömmlinge lassen sie jedes Mal verschwinden. Ist es dunkel lodern sie hell. Fluoreszieren. Es ist gespenstisch. Magisch.
Bis vor zwei Monaten durfte man sogar noch in den Krater nach unten gehen. Dies hat man mittlerweile verboten, nachdem es im März mehrere Eruptionen gegeben hat, erklärt uns unser Fahrer später.
Ich hatte nichts darüber gelesen und war natürlich extrem enttäuscht, als ich dies tags zuvor erfahren hatte. Kurz hatte ich sogar überlegt die Tour sausen zu lassen. Aber da wir schon mal da waren… Wie konnte ich das nur infrage stellen. Denn selbst wenn man nicht mehr bis in die Mine darf – der Aufstieg lohnt sich soo sehr! Die blauen Feuer lassen sich ebenso gut vom Kraterrand aus beobachten. Und wer weiß, vielleicht macht diese Änderung das Leben der Arbeiter zumindest ein bisschen leichter. Es ist auch ohne im-Weg-stehende-Touristen einer der härtesten Jobs der Welt!
Der Vulkansee
Nach einer Stunde am Blauen Feuer machen wir uns durchgefroren zum zweiten Aussichtspunkt. Der Weg ist schmal und kaum mehr ein Weg. Konnte man bislang nebeneinander laufen, marschieren wir jetzt im Gänsemarsch hintereinander her. Als ich später im Hellen sehe, wo wir lang gelaufen sind, wird mir kurz übel. Der Pfad führt direkt am Kraterrand entlang! Ein falscher Schritt nach links und es geht abwärts. In der Dunkelheit konnten wir nichts davon sehen. Zum Glück kam niemand auf die Idee zu überholen.
Warnschilder nützen im Dunkeln leider nicht viel
Gegen 5:30 Uhr kämpft sich langsam die Sonne zwischen den dunklen Wolken hervor. Der Blick auf 2799 Metern ist atemberaubend, in der Ferne taucht ein weiterer Vulkan auf, Felder, Dörfer und in der Ferne das Meer.
Als ich in die andere Richtung gehe, stockt mir kurz der Atem. Unter mir glänzt in der Morgensonne der Kawah Ijen, der Vulkansee. Türkisgrün schimmert er im Nebel. Er wirkt wie ein verlockender Bergsee, doch der Schein trügt. Der See ist hochtoxisch. Das Wasser hat etwa die Zusammensetzung einer Batterie.
Wunderschön aber unfassbar giftig
Durchgefroren, müde aber glücklich
Immer wieder setzen wir unsere mitgebrachten Gasmasken auf – wenn der Wind dreht und die giftigen Dämpfe in unsere Richtung ziehen. Ein Luxus, den sich nur Touristen leisten können. Von den Arbeitern, die direkt in der Mine den Schwefel abbauen trägt niemand eine.
Doch gerade sie bräuchten sie dringend. Die Lebenserwartung der Arbeiter liegt bei etwa 50 Jahren. Der unmittelbare Kontrast zwischen diesem lebensgefährlichen Job und der unbeschreiblichen Schönheit der Natur ist schwer zu verkraften. Und macht nachdenklich. Wenn man die Hölle verbildlichen müsste, man könnte die Vorlage auf dem Mount Ijen finden.
Arbeiter in der Mine
Nebelschwaden über dem Vulkansee
Giftige Schwefeldämpfe aus dem Krater
Mondlandschaft oder Vorhof zur Hölle?
Der höllischste Job der Welt
Die Männer sehen ausgezehrt aus. Alt. Müde. Dabei sind die meisten vermutlich so alt wie ich. Und doch lächeln sie. Viele grüßen uns freundlich. Ich spreche kurz mit einem der Männer. Er erzählt mir, dass er jeden Morgen um 6 Uhr mit den anderen Arbeitern auf den Vulkan kommt. Sie schieben ihre Karren 2700 Meter nach oben und wieder 900 Meter in die Mine runter, beladen sie mit Säcken voller Schwefel und rollen den schweren Karren den Vulkan hinab. Meist transportieren sie 70-90 Kilo Schwefel pro Tour. Und das machen sie zwei Mal pro Tag! Ich bin schon nach einem Aufstieg fertig. Und das ohne Last. Ich könnte allein den Karren vermutlich keine 300 Meter den Berg hochschieben, geschweige denn den beladenen. Für die Männer vom Mount Ijen ist das ihr täglich Brot. Andere tragen die schwere Last in Körben auf den Schultern. Doch je mehr die Männer nach unten bringen, desto mehr verdienen sie. Für 10 Kilo Schwefel bekommen sie etwa 10.000 Rupiah – rund 60 Cent! An einem guten Tag verdienen sie mit zwei Touren gerade mal 11 Euro. Für Indonesien ein guter Lohn, doch das zahlen sie mit ihrer Gesundheit.
Der Weg in die Mine
Ein Arbeiter zerkleinert die Schwefelstücke zum Transport
Die Arbeiter beschäftigen mich noch lange. Es ist einer der härtesten Jobs der Welt. Es macht mich nachdenklich und demütig. Ja, das ist es, was ich auf dieser Reise oftmals lerne. Demut. Ebenso wie Dankbarkeit. Dass ich im reichen Deutschland aufwachsen durfte. Viele Männer machen den Job, damit sie ihre Kinder auf Schulen schicken können. Damit sie später einen besseren Job finden als sie selbst.
Good bye und gute Nacht Mount Ijen
Ich bin nach einem Mal hoch und runter laufen völlig kaputt. Die Strecke ist einfach etwa 4 Kilometer lang, die Steigung hat es jedoch in sich. Der Aufstieg auf den Mount Ijen ist weitaus anstrengender als zum Sunsetpoint auf den Mount Bromo. Aber das Erlebnis ist es allemal wert.
Um 7:50 Uhr sind wir wieder am Auto. Unser Fahrer hat die Zeit für ein Nickerchen genutzt, auch er macht die Tour annähernd jeden Tag. Kaum rumpelt der Wagen schaukelnd die Strasse hinunter, fallen mir die Augen zu. Was ein Erlebnis. Und das noch vor 8 Uhr morgens.
Immerhin beim Abstieg sieht man wo man lang läuft
Auf dem Boden glänzt der Schwefel golden
Alle Tipps für die Wanderung auf den Mount Ijen
Mount Ijen auf eigene Faust:
Wir haben uns ein Auto mit insgesamt 5 Personen geteilt und 100.000 Rupiah pro Person gezahlt (ca. 6€). Inklusive Gasmasken. Dazu kommen noch mal 100.000 IDR Eintrittsgebühr (Stand 2017). Auf einen Guide haben wir verzichtet. Den Weg findet man problemlos alleine – es sind genügend Wanderer und Arbeiter unterwegs.
Verzichtet auf die Anfahrt per Roller. Die Strassen sind schlecht, die Sicht im Dunkeln kaum vorhanden und es ist bitterkalt!
Wie anstrengend ist der Aufstieg?
Zugegeben, der Aufstieg zum Kawah Ijen hat es in sich. Der Gipfel liegt bei knapp 2400 Metern, der Parkplatz und das Basecamp bei etwa 1900 Metern. Den restlichen Weg müsst ihr zu Fuß gehen, die Strecke ist etwa 4km weit. Der Aufstieg ist anstrengend, aber machbar; ein wenig Kondition solltet ihr schon haben.
Unsere Unterkunft: Gandrung Payungan Inn*
Wir haben die Tour über unser Guesthouse in Banyuwangi gebucht. Der Besitzer hat uns einen Freund als Fahrer zur Verfügung gestellt. Ich kann euch das Guesthouse empfehlen, allerdings ist es extrem einfach! Wir haben uns trotzdem wohlgefühlt, da die Familie unglaublich herzlich ist und man vermutlich nicht authentischer wohnen kann. Da wir vom Mt. Bromo kamen, haben wir das erstbeste gebucht und nicht bereut. Wir sind 2 Nächte geblieben; in der zweiten Nacht haben wir den Vulkan bestiegen, daher hat man auch nicht viel vom Zimmer. Das Internet funktioniert für Java einwandfrei.
- Wasser & Snacks
- Gasmasken (wer keine vom Fahrer bekommt, kann sich eine auf dem Weg nach oben leihen; ca. 30.000-50.000 Rupiah)
- Taschenlampe/ Stirnlampe* (unerlässlich, es ist stockfinster)
- Regenjacke* + Warme Kleidung (oben ist es verdammt kalt)
Da wir vorher am Mount Bromo waren, haben wir von Probolinggo den Public Bus nach Banyuwangi genommen. Kosten: 36.000 IDR.
Von Banyuwangi kann man per Fähre direkt nach Bali weiter. Kosten: 6500 IDR (0,40€). Unser Fahrer hat uns nach der Mt Ijen Tour zum Hafen gebracht. Für uns ging es nach dem Mount Ijen erst mal nach Canggu weiter, perfekt um sich ein wenig zu entspannen und Bali zu erkunden. Mehr dazu lest ihr hier: Canggu Guide: Balis coolster Ort.
Ihr wollt noch mehr Bilder vom Mount Ijen sehen? Dann schaut doch mal hier:
Ihr sucht mehr Tipps für eure Indonesien-Reise? Auf unserer Indonesien-Seite findet ihr alles, was ihr für eure Reiseplanung braucht. Alle Infos zu den Orten, die wir besucht haben, unsere Hoteltipps, was man unternehmen kann und viele weitere Tipps.
Die Geschichte der Arbeiter wird übrigens mehr als eindrucksvoll im Musikvideo Terraform von Novo Amor erzählt. Es gibt sogar ein making of dazu. Unbedingt anschauen, es ist herzzerreißend.
Hi Bine,
danke für den Tipp! Das schaue ich mir gleich mal an!
LG
Steffi
hatten 2014 keine gasmasken, durften bis zum blauen feuer runter. ich hab kurz gedacht ich sterbe, weil ich nicht mehr atmen konnte. wenn der wind gedreht hätte und die Wolke in unsere richtung geweht hätte, ich denke das wärs gewesen. es war so schon ziemlich a. der grenze. danach wslaren wir 2 tage krank mit vergiftungserscheinungen.
Oh wow. Dann kann man also sagen, dass die Vorsichtsmaßnahmen und Sprrungen ihr Berechtigungen haben!? Wir wären gerne runter gegangen – aber wenn ich deinen Bericht lese ist es vielleicht besser so wie es war :)
LG
Steffi
Hi :-) der Artikel ist super ? hat mich gut drauf vorbereitet ich hab gestern auch den Trek gemacht und ich fand es auch sehr beeindruckend aber ein anderes Mädchen und ich haben auch Vergiftungssymptome obwohl wir Gasmasken hatten aber die waren nicht wirklich dicht ! Schon heftig wenn man bedenkt wie die Arbeiter das aushalten
Oh wow. Das klingt ja beängstigend. Ich hoffe, es geht euch soweit gut und alles wird wieder!!!!!! Gute Besserung jedenfalls!
Da hatten wir wohl damals Glück. Wir sind viel (auch auf dem Krater) ohne Maske herumgelaufen. Aber ganz unten, wo die Gase entstehen waren wir nicht – das war uns zu krass. Bei Insta sehe ich aber immer öfter Bilder von ganz unten (wo das Schwefel abgebaut wird). Naja, ich drücke jedenfalls die Daumen, dass bei euch zweien alles ganz schnell wieder gut wird!
Viele Grüße
Steffi
Hallo Steffi!
Ein ganz toller Artikel! Ich finde es gut, dass du auch die nicht so schöne Seite beschreibst. Mir wäre es da sehr ähnlich ergangen und ich hätte auch ein schlechtes Gewissen bekommen. Für unser Luxus Leben im Vergleich sollten wir jeden Tag dankbar sein. …Und dann denke ich an die Armutsdiskussionen in Deutschland, bei dem einige wohl nicht wissen, was wirklich Armut bedeutet und wir uns für manche Arbeiten „zu fein“ sind.
Deine Fotos sind sooo schön und ich freue mich schon auf deine Instagram Bilder dazu! :)
Liebe Grüße Inga
Hi Inga,
Du sagst es. Wir sollten einfach jeden Tag glücklich sein und immer zu schätzen wissen was wir haben. Und für das Lob bedanke ich mich natürlich immer gerne. Freue mich, wenn es dir gefällt.
LG
Steffi