Es gibt da diesen Ort in Sri Lanka, an dem man mit Elefanten frühstücken kann. Oder ihnen vom Frühstückstisch aus zusehen kann. Auf Instagram findet man tausende Bilder aus Pinnawala: lächelnde Menschen und badende Elefanten. Es sieht einfach nur schön aus – zumindest wie hier auf Instagram. Nahezu jeder große Reiseblogger hat ein Bild aus Pinnawala in seinem Feed und alle schreiben wie toll sie es fanden. Also wollten auch wir die Elefanten so gerne besuchen. Und sind wir nach Pinnawala gefahren. Und zum ersten Mal auf unserer Reise haben wir etwas wirklich bereut!
Ein Besuch im Elefanten“waisenhaus“ Pinnawala
Bislang haben wir die Elefantenhäuser in Asien immer gemieden. Zu häufig hatte ich negatives gehört. In Sri Lanka wollten wir dem dann doch eine Chance geben. Bekannte hatten es empfohlen und auch sonst hatte ich überwiegend Gutes gehört: von einem Ort, der verwaisten und einsamen Elefanten ein Zuhause geben soll. Ein glückliches Leben in einer Herde, in Freiheit und ohne Misshandlung. Denn in Sri Lanka werden Elefanten nach wie vor als Transport-Tiere gehalten und müssen oft viel zu schwere Lasten tragen.
Der erste Eindruck ist noch recht idyllisch. Auf einer grossen Wiese stehen jede Menge Elefanten und verspeisen genüsslich ihr Frühstück. Man hat ihnen einen ordentlichen Berg Grünzeug hingelegt. Ich freue mich wie ein kleines Kind, diese riesigen Tiere sind so süß und stehen nur wenige Meter von mir entfernt. Ohne breiten Zaun und Gitter wie im Zoo.
Auf den ersten Blick sind diese ganzen Elefanten in vermeintlicher Freiheit wunderschön
Wir wollen gerade den Weg zum Stall überqueren als ein Aufseher mit Trillerpfeife uns wieder zur Seite scheucht. Dahinter kommt ein riesiger Elefant getrottet. Nein, geschlurft. Seine Füße sind mit schweren Ketten zusammengebunden. Er kann kaum gehen, bei jedem Schritt rasseln die Fesseln. Die Wärter rechts und links tragen lange Stangen mit spitzen Eisenhaken. Ein mulmiges Gefühl macht sich breit. Vielleicht nur ein Einzelfall? Vielleicht ein besonders aggressiver Elefant?
Der erste Elefant den wir in Pinnawala in Fesseln sehen – es sollte nicht der letzte werden
Wenn aus niedlich abscheulich wird
Wir gehen weiter zur Baby-Elefantenfütterung. Klingt zu niedlich um wahr zu sein. Und stellt sich als ganz schön abstoßend dar.
Babyelefanten die keine Mutter mehr haben, werden bis zu 5 Jahre mit der Milchflasche gefüttert. Im Elephant Orphanage Pinnawala sieht die Babyelefanten-Fütterung so aus:
Man sperrt zwei Babyelefanten mit 4 Wärtern in eine lieblose umgitterte Halle und verkauft willigen Besuchern (und davon gibt es einige) ein Fütter-Ticket – um noch mehr Geld mit den Elefanten zu verdienen. Dabei darf man sich auf eine vergitterte Plattform stellen und so tun als würde man die Milchflasche festhalten – während in Wirklichkeit der Wärter diese dem Elefanten in den Mund stopft. Dann noch kurz zwei mal den Rüssel getätschelt und der nächste Besucher ist an der Reihe. Erlebnisdauer ca 10 Sekunden! Glücksfaktor: Null! Und so geht das dann im Akkord weiter.
Ach so, und wenn die Babyelefanten – wir sprechen hier übrigens über junge, (angeblich) ungezähmte Wildtiere – nicht spuren, werden sie von den Wärtern mit ihren spitzen Haken-Stöcken hin und her getrieben.
Kette oder Stock immer an den Tieren – und seht ihr die Ringe am Boden?
Wir verfolgen dieses „Spektakel“ eine Weile und sind von Minute zu Minute angewiderter. Am Ende bezweifle ich sogar, ob es sich bei diesen Elefanten tatsächlich um Waisen handelt oder ob man sie einfach nur des Geldes wegen füttern lässt.
Tierquälerei – Gefesselt Richtung Fluss
Um 10 Uhr werden die Elefanten dann zum Baden an den Fluss gebracht. Oder getrieben. Oder geschoben. Je nachdem. Ich bin zu diesem Zeitpunkt längst bereit, diesen furchtbaren Ort zu verlassen. Doch dann denke ich mir, vielleicht bleiben, schauen wie es weiter geht – und am Ende die Geschichte so erzählen wie sie wirklich ist. Wie man mit den Tieren umgeht (so ganz kann ich meinen Job scheinbar nicht ablegen, einmal Journalist, immer Journalist.) Also bleiben wir. Im Geheimen hege ich noch ein wenig Hoffnung, dass die Tiere nun endlich in Frieden im Fluss baden dürfen. Denn Baden ist für Elefanten lebensnotwendig, da die Tiere sonst überhitzen.
Wir stellen uns also an die Straße und warten, dass man die Tiere zum Baden bringt – was man den Besuchern als absolutes Highlight verkauft. Zunächst treibt man die – angeblich aggressiven und deshalb gefesselten – Elefantenbullen zum Fluss. Manche sind so schwer gefesselt, dass sie kaum laufen können.
Ketten wohin man schaut
Manche Elefanten werden regelrecht eingeschnürt
Und zur Krönung reiten die Wärter noch – samt ihren Hakenstöcken – auf den Tieren. Auch wenn Elefanten riesig sind und stark aussehen, sie sind nicht zum Reiten geschaffen. Außerdem zeigt es, dass man den Willen des Tiers gebrochen hat, ein wilder Elefant würde nie zulassen, dass man auf ihm reitet.
Immer wieder reiten die Wärter auf den Elefanten zum Fluss
Es fällt einem nicht viel dazu ein, ich war vom Elefantenwaisenhaus in Pinnawala entsetzt
An der Straße stehen jede Menge Mitarbeiter, die versuchen die Besucher hinter die Absperrungen zu scheuchen. Wir wollen gerade zum Fluss gehen, als sich eine Gruppe Elefanten nähert. Eine Aufseherin wedelt wild mit den Armen. Als ich mich neben sie stelle, erklärt sie mir, das sei gefährlich, es würde immer wieder zu Zwischenfällen kommen! Mangels ihrer Englischkenntnisse bin ich nicht sicher, ob sie dies wirklich so sagen wollte. Aber fest steht: die Elefantenbullen wirken tatsächlich aggressiv. Und spätestens hier muss man sich die Frage stellen, warum diese eigentlich friedlichen Tiere so reagieren.
Das angebliche Highlight: Elefanten baden
Einigen der Elefantenbullen nimmt man nicht mal im Fluss die Ketten ab, sondern befestigt sie an dort angebrachten Haken. Auf den Infotafeln am Eingang konnten wir lesen, die Ketten seien nur für Ausnahmefälle, man würde sie selten einsetzen. Normalerweise würde man sie den Elefanten nur präventiv locker um den Hals legen, damit man sie im Notfall zur Hand hätte. Dann scheint das heute jedenfalls ein ganz besonderer Ausnahme-Morgen zu sein. Das was wir sehen, vermittelte einen ganz anderen Eindruck.
Wirklich jeder Elefantenbulle ist schwer gefesselt
Immerhin die Weibchen und die kleinen Elefanten lässt man frei im Fluss baden – so lange sie dort bleiben, wo die Wärter sie haben wollen. Sobald die Tiere Richtung Land kommen um ein bisschen Gras zu schnabulieren, treiben die Wärter sie zurück. Man ist sich der Außenwirkung bewusst im Elefantenwaisenhaus Pinnawala. Die Wärter schlagen die Elefanten nicht (zumindest nicht vor den Besuchern). Doch es reicht schon, dass sie mit ihren Stöcken auf die Tiere zugehen und schon weichen diese zurück. Das sagt viel aus. Und hier und da konnten wir auch beobachten wie ein Wärter die Hakenspitze im Nacken eines Tieres ansetzte um es in eine bestimmte Richtung zu schieben.
Hunderte Menschen besuchen die Szenerie jeden Tag – der Unterschied zu einem Zoo? Da werden die Tiere noch besser behandelt
Klar sehen solche Fotos schön aus – was dahinter steckt ist leider nur traurig
Nach gerade einmal einer Stunde treibt man die Elefanten dann auch schon zurück. Und bringt andere. Gleiche Tortur, gleiche „Ausnahmefälle“. Elefantenbullen in Ketten, Elefantenweibchen, die schon beim Anblick der Stangen zurückweichen. Als wir zwei Stunden später wieder am Babyelefanten-Fütterungsgehege vorbei kommen, stehen die zwei armen Tiere immer noch dort. Und warten auf die nächste Milchflasche.
Das Elefant Orphanage in Pinnawala macht einfach nur traurig, nachdenklich und wütend. Weshalb behandelt man Tiere so herzlos? Es ist kein Waisenhaus, es ist keine liebevolle Auffangstation für Elefanten. Es ist eine makabere Mischung aus Zirkus und Freizeitpark. Und das Ganze unter dem Deckmantel eines Elefantenwaisenhauses (aka, „wir retten die armen Elefanten“) zu verschleiern, ist geradezu abstoßend. Man hat in Pinnawala nicht das Ziel, die Elefanten aufzupeppeln und wieder in Herden auszuwildern, in ihre natürliche Umgebung. Pinnawala ist keine Auffangstation für verwaiste oder misshandelte Elefanten. In Pinnawala sammelt man Elefanten. Und es scheint als habe man genau ein Ziel: den Gewinn zu maximieren! Der Schutz der Tiere bleibt dabei auf der Strecke.
Tierquälerei statt liebevolles Waisenhaus
Geldmaschine Elefantenwaisenhaus
Es geht hier nicht um die Elefanten, sondern um die Kommerzialisierung. Man sollte den Laden von Waisenhaus in Zirkus oder Streichelzoo gegen Bezahlung umbenennen.
Kleiner Abriss gefällig?
Elefant füttern: ca. 1 Min / 750 Rupie.
Babyelefant füttern: ca. 15 Sek / 750 Rupie.
Elefant im Fluss waschen: ca. 3 Minuten / 750 Rupie.
Allein dass solche Aktivitäten angeboten werden, sollte einen schon stutzig machen. Leider konnten wir das erst herausfinden nachdem wir Eintritt gezahlt hatten. Bedenkt man, dass der Eintritt pro Tourist 2500 INR (ca 13€) kostet, lässt sich ganz schön viel Geld verdienen. Für hiesige Verhältnisse verdammt viel.
Und die Betreiber? Scheinen die Zustände wenig zu scheren. Am Ausgang liegt ein Besucherbuch, das neben vielen überschwänglichen Kommentaren (waren die wo anders?) auch zahlreiche Kritik enthält. Eigentlich müssten die Betreiber sich doch mal Gedanken machen. Aber vermutlich will man das gar nicht. Es lässt sich schließlich viel Geld verdienen.
Man muss nicht viel hinzufügen – der Eintrag spricht für sich
Leider haben wir all das erst vor Ort festgestellt. Wir haben uns von all den hübschen Bildern täuschen lassen. Nein, wir hatten keinen schönen Tag dort. Ich habe mich geschämt, diese Machenschaften mit dem Eintrittsgeld noch zu unterstützen. Von daher: wenn ihr in Sri Lanka seid, bitte bitte besucht diese Einrichtung NICHT! Egal was man euch vor Ort erzählt. Egal wie hübsch die Bilder von dort aussehen. Unterstützt diese Art der Tierhaltung nicht. Lasst sie nicht noch mehr Elefanten aufnehmen und ausnehmen.
Wenn ihr wirklich glückliche Elefanten sehen wollt, dann besucht in einen der Nationalparks. In Sri Lanka gibt es mehr als genug davon – wir waren beispielsweise auf Elefantensafari in Udawalawe. Dort geht es den Tieren wirklich gut. Denn sie dürfen in Freiheit und in einer Herde leben. Und das beste daran: sie sehen glücklich aus!
Meine Story aus Pinnawala im Video:
Mehr Infos für deine Sri Lanka Reise? Alles über die schönsten Strände, die wichtigsten Infos, das beste Essen oder meine Hotel-Tipps, findest du in den folgenden Beiträgen.
Ich habe alles fleißig durchgelesen und habe gemerkt wie scheise es ist zu lesen
Leon, you made my day! :D
Ich find den Artikel etwas übertrieben. Ich war mehrfach dort. Ich glaube, dass die Ketten leider eine Vorsichtsmaßnahme bei manchen Tieren sind, die notwendig ist. Wenn in unseren Ländern auf Pferden geritten wird oder Hunde angeleint sind, fließen auch keinem die Tränen. Jetzt könnte man sagen, eine Kette ist ungemütlicher. Aber es handelt sich hier um Tiere mit einer Haut, die mehrere cm dick ist. Den Punkt, dass das Ganze für den Tourismus ausgeschlachtet wird sehe ich auch so. Aber in Ländern die von Tourismus leben, ist das leider Realität und es gibt deutlich schlimmere Beispiele als Pinnawela (zb. Die vollgepumpten Tiger in Thailand). Ich sage nicht, dass dort mit Sicherheit alles perfekt läuft. Die reisserische Überschrift finde ich jedoch nicht objektiv und völlig übertrieben. Und dass es sich nicht um ein Waisenhaus handelt, ist ein haltloser Vorwurf, der hier nirgendwo belegt wird. Quelle : Vertrau mir.
Hallo Kevin,
Danke für deinen Kommentar. Ich schreibe in diesem Artikel, wie wir die Situation vor Ort empfunden haben. So etwas ist sicherlich immer sehr subjektiv, dennoch kann und möchte ich meinen Lesern den Besuch dort nicht empfehlen. Sicherlich wirst du aber auch andere Blogbeiträge im Netz finden, die so etwas empfehlen würden. Schlimmere Beispiele wird man sicherlich immer finden, ich denke jedoch man sollte sich doch lieber an positiveren Beispielen orientieren. Da sich die Einrichtung selbst „Elephant Orphanage“ nennt, bekommt man schon recht eindeutig vermittelt, es würde sich auch um ein Waisenhaus handeln.
Viele Grüße
Steffi
Ich war auf der Suche nach einem schönen Bild eines Elefanten und bin auf deine Seite gestoßen.
Wir waren auch vor einigen Jahren dort und dachten auch, dass hier die Tiere frei leben können.
Somit haben wir genau das Gleiche erlebt. Ich war nach diesem Besuch traurig, wütend und doch habe ich erkannt, dass wer mit Tieren Geld machen will und sie zur Schau stellt, nie eine gute Absicht dahinter stecken kann.
Deshalb meiden wir in jedem Urlaub, jegliche zur Schau Stellung der Tiere.
Liebe Grüße Marina
Hi Marina,
du hast komplett Recht! Wer Tiere zur Schau stellt hat in der Regel nicht ihr Wohl im Kopf. Auch wir versuchen uns solche Sachen zu sparen. Nur in Ausnahmen nehmen wir noch Tiere ins Programm (bspw. als wir die wilden Orang Utans im Dschungel von Indonesien besucht haben).
Ganz liebe Grüße
Steffi
danke für den schonungslosen artikel. ich bin bei solchen auch immer sehr skeptisch und kritisch. der bisher beste platz für ‚ausrangierte‘ elefanten (und auch katzen, hunde und wasserbüffel) ist ein wirklich tierlieber und respektvoller ort bei chiang mai: der elephant nature park von lek chailert. alle bilder und berichte stimmen, es ust ein traum für die geretteten tiere und auch die besucher.
Hi Jessica,
von dem Ort in Chang Mai habe ich auch schon gehört – habe es aber noch nie geschafft auch mal hin zu gehen. Aber vielleicht kommt das ja noch. Danke jedenfalls für den Tipp!
LG
Steffi
Vielen Dank und ein ganz warmen Applaus für diesen tollen Artikel!!!
Ich wünschte die ganze Welt würde ihn lesen und endlich umdenken!
Ich war vor einigen Jahren selbst dort am Fluss im Rahmen einer gebuchten Rundreise von deren Organisation ich daraufhin sehr entsetzt war. Unsere Erfahrungen ähnelten deinen leider sehr und ich habe heute noch ein schlechtes Gewissen deswegen. Selbst die Elefantenkinder waren im Wasser angekettet und konnten sich kaum frei bewegen. Den Besuch des Weisenhauses haben wir dann direkt abgelehnt.
Jeder der Elefanten liebt, der soll bitte nicht hierher sonder nach Udawalawa o.a. N.P. fahren, wer weiß vielleicht leben dann bald die armen Elefanten aus Pinnawela auch glücklich in einem National Park!
Finde deine Seite wirklich toll – ich hoffe du erlebst noch weiter viele tolle Reisen!
LG Katrin
Liebe Kathrin,
auch wenn der Anlass des Artikels natürlich kein Schöner ist freue mich doch, dass er dir gefallen hat. Schade, dass Du ähnliches erelben musstest. Man muss einfach immer und immer wieder auf diese Missstände hinweisen – nur so kann es besser werden.
Ganz liebe Grüße
Steffi
Oh wow. Dieser Artikel schockiert mich gerade total. Da hat sich wohl einiges verändert die letzten Jahre.
Ich war selbst vor einigen Jahren dort (2015) und war super begeistert, wie toll sie dort mit den Tieren umgegangen sind. Hatte da nämlich in Thailand echt auch ganz schlimme Sachen gesehen.
2015 liefen zwar auch Männer neben her, aber ohne Speere. Ketten haben damals auch die großen Bullen getragen aber ganz locker, jeweils eine zwischen den Hinterbeinen und Vorderbeinen. Auf den Bildern sind die ja regelrecht in Ketten geknebelt. Geritten ist auf den Tieren gar niemand und füttern konnte man nur die Großen. Babyfütterung und Elefantenbaden wurde nicht angeboten. Schade, dass sich das so ins negative verändert hat. Dann werde ich das wohl auch nicht mehr weiterempfehlen.
Ja, es ist eine Tragödie. Auch bei uns ist es jetzt schon eine Zeit her – hoffen wir, dass sich etwas verändert hat in der Zwischenzeit.
Viele Grüße
Steffi