Da sitzen wir also. Im stockdunkeln, um 5:30 Uhr, auf dem Mekong. Das Boot tuckert monoton und wir können die Wellen, die an unseren kleinen Kahn platschen nur hören. Eine Tour über den Mekong und seine berühmten Schwimmenden Märkte – lange stand das schon auf der Bucketlist.
Im Mekongdelta fischt der frühe Wurm
Es dauert nicht lange bis wir regelrecht spüren und hören wie langsam um uns herum die Welt am Flussufer erwacht. Um 6 Uhr brennt in nahezu jeder Hütte am Ufer bereits Licht. Die Menschen im Mekongdelta stehen noch vor Morgengrauen auf. Gegen 6:15 Uhr geht die Sonne langsam auf und mit Sonnenaufgang erreichen wir den Schwimmenden Markt in Cai Rang.
Hunderte Boote, Schiffe, Kanus und halbe Wracks schieben sich auf wenigen Metern Fluss aneinander vorbei. Melonen werden von einem Boot zum anderen geworfen, Ananas türmen sich meterhoch auf dem Deck, ein Kahn scheint unter der Last von Gemüse fast unterzugehen. Dazwischen schlängeln sich immer wieder kleine Kanus mit Frauen, die frischen Kaffee (sog. „CaPhe“) oder Baguettes verkaufen.
Da es lange keine ausgebauten Straßen oder LKWs gab, fand der gesamte Handel der Stadt und dem Umland auf diesen Schwimmenden Märkten statt. Mittlerweile sind sie kleiner geworden, da es immer mehr Straßen und Brücken gibt, doch noch immer ist der Fluß der Hauptarbeitsplatz für die Menschen im Mekongdelta.
Auch wenn 5:30 Uhr nach einer wirklich unchristlichen Uhrzeit zum Aufbrechen klingt, sollte man sich früh aus den Federn quälen. Zu keiner anderen Uhrzeit sind die Märkte so sehenswert wie in den Stunden um den Sonnenaufgang. Am Mittag verkaufen zwar noch einige Händler ihre Waren auf den Schwimmenden Märkten, es ist aber bei Weitem nicht mehr so viel los.
Flussabwärts nach Phong Dien
Nach etwa 30 Minuten im Gewusel der Schiffe geht es flußabwärts nach Phong Dien, dort gibt es einen weiteren Schwimmenden Markt. Der Phong Dien Markt ist um einiges kleiner als der Schwimmende Markt in Cai Rang, vor allem gibt es hier keine großen Frachtschiffe, die tonnenweise Melonen umschlagen. Ehr kleinere Boote, doch es ist ebenso wuselig. Außerdem kann man hier frische Früchte direkt von den Händlern kaufen. Oft wird behauptet, dass es auf dem Phong Dien Markt weniger Touristen gäbe, das konnten wir nicht feststellen. Uns kam es vielmehr so vor als tummelten sich hier ein paar mehr, vielleicht fielen sie aber auch nur mehr auf, weil alles ein wenig kleiner ist.
Der Fluss – verdreckte Lebensader und Zentrum des Lebens
Eine weitere Stunde tuckern wir mit der Strömung flußabwärts. Vorbei an Blechhütten, spärlich zusammengezimmerten Kanus und verfallenen, bewohnten Kähnen. Die Menschen hier leben am Fluss, mit dem Fluss. Einer dreckigen, vermüllten, muffigen Brühe. Erst jetzt wird mir richtig bewusst, wie sauber unsere Flüsse in Deutschland sind, was der konsequente Umweltschutz seit den 80er Jahren bewirkt hat. Für uns kaum vorstellbar, die Menschen die am Mekong leben, waschen in diesem Fluss ihr Geschirr und ihre Kleider.
Sie waschen sogar sich selbst und baden im Fluss! Denn fließendes Wasser gibt es in den Hütten nicht. Zunächst kann ich meinen Augen kaum trauen. Unsereins würde vermutlich nur beim Kontakt mit dem Wasser irgendeine Seuche bekommen. Doch hier ist man scheinbar daran gewöhnt. Gewöhnt, zwischen den Müllbergen im Fluss zu schwimmen, denn der Mekong ist gleichzeitig auch so etwas wie eine Mülltonne – was man rein schmeißt, schwimmt schließlich auch weg. Das ganze Szenario macht nachdenklich und doch gibt es kaum etwas sehenswerteres in dieser Gegend. Es fasziniert und schockiert. Der Fluss ist Fabrik und Antrieb einer ganzen Region.
Zwischenstopps von wunderschön bis erschreckend traurig
Nach den Schwimmenden Märkten geht es für uns in die Seitenkanäle des Mekong. Und was soll ich sagen, es ist traumhaft! Natur pur, Palmen, die im dichten Ufergestrüpp wuchern, Bananenstauden, kleine Brücken. Niedliche Häuschen und winkende Kinder. Fast ein bißchen wie aus dem Reisekatalog. Teilweise sind wir komplett alleine auf dem Fluss und hören außer dem Tuckern unseres Bootes nichts.
Zwischendurch machen wir an einer Reisnudelfabrik halt, in der noch alles per Hand erledigt wird.
Ein weiterer Halt dann auf einer Schlangenfarm – darauf hätten wir gut und gerne verzichten können. Stolz präsentiert man uns hunderte riesige Schlangen in winzigen Käfigen, die vor den Touristen zu Wurst und Leder verarbeitet werden. Man sieht leider noch viel mehr, aber das lasse ich hier gerne aus – einfach zu traurig und zu schrecklich.
Von diesen Eindrücken erholen wir uns dann bei einem entspannten Spaziergang durch Mango- und Papayaplantagen. Traumhafte Natur, Reisfelder und ländliche Abgeschiedenheit – das Mekongdelta ist wunderschön.
Was bleibt
Was bleibt, ist ein fantastischer Eindruck der traumhaften Natur im Mekongdelta, der lediglich durch den Zwischenstopp auf der Schlagenfarm ein wenig getrübt wird. Teils findet man Abgeschiedenheit und Ruhe und wunderschöne kleine Häuschen mitten im Dschungel. Aber ebenso wurde mir am Rand des Mekong wieder einmal bewusst, in welch schier unfassbarem Luxus und Reichtum wir in Europa leben.
Hallo, ihr zwei Weltenbummler, ich freue mich über die tollen Berichte und Wunsche euch noch viele besondere Erlebnisse.
Gegen Dragi