Kuba. Das Land das mich in meiner Meinung so zerrissen hinterlässt wie kein anderes bislang. Das ich faszinierend, anstrengend, großartig und manchmal echt ätzend fand. Kuba, seine Kultur und Politik empfand ich oft als widersprüchlich. Die Sehnsucht nach Modernität und Konsum während man an verstaubten Idealen festhält, unbändige Lebensfreude und lateinamerikanische Vibes, verhaltene Kritik und offener Personenkult. Kuba ist anders, hat uns oft glücklich gemacht aber noch häufiger nachdenklich. Ich will euch ermutigen das Land zu besuchen, doch erwartet nicht nur heiße Rhythmen, Rum und Buena Vista Social Club Feeling. Daher gibt’s hier – ganz ehrlich und ungeschminkt – meine persönlichen Kuba-Eindrücke: wie ich Kuba erlebt habe.
Auf dem Grill der Karibik
Kuba ist heiß. Fast zu heiß. Wer mich kennt weiß, dass mir so ein Satz eigentlich nicht über die Lippen kommt. Eigentlich kann es für mich gar nicht heiß genug sein. Aber Kuba im Juli ist ein Schmelztiegel. Nach zwei Wochen kann ich mich nicht mehr erinnern, wie es ist, wenn einem nicht der Schweiß über die Haut läuft. Nur damit ihr wisst auf was ihr euch einlasst, solltet ihr im Sommer nach Kuba reisen. Ich bin mit der Hitze gut zurecht gekommen, Max fand es manchmal zu viel. Am Meer ist es erträglicher, da ein leichter Wind geht.
Wie sich dieser Windsurfer auf seinem Board halten konnte ist mir bis heute ein Rätsel – so ganz ohne Wind
Bei rund 28 Grad Wassertemperatur kann man jedoch kaum mehr von einer erfrischenden Abkühlung sprechen. Selbst die Kubaner gehen bei diesen Temperaturen baden. Das Meer ist blau, türkis, durchsichtig. Den weißen, feinen Pudersand bekommt man kaum mehr aus den Klamotten, aber ich liebe diese Sorte Sand einfach. Karibik. Urlaub. Traumstrand. Das Strandleben auf Kuba ist paradiesisch!
Patria o Muerte – Vaterland oder Tod
Ein Leben der Revolution. Seit 58 Jahren leben die Kubaner ihre Revolution, um einen sozialistischen Gleichheitsstaat zu erschaffen. Daran schafft man noch immer rum. Mehr oder weniger erfolgreich, für mein Empfinden doch ehr letzteres. Fakt ist, dass die Kubaner nach fast 60 Jahren Revolution noch immer auf keinen grünen Zweig gekommen sind. Und auch wenn Che und Fidel längst tod sind, hält man weiter am Personenkult fest.
An jeder zweiten Hauswand sind Bilder der beiden aufgemalt. Sprüche wie Yo soy Fidel [Ich bin Fidel] oder Hasta la victoria siempre [Bis zum endgültigen Sieg] zieren die Wände, Plakate, Statuen, Fahnen, T-Shirts und eigentlich alles was man sich so vorstellen kann. Die Kubaner verehren Fidel Castro und Che Guevara nach wie vor wie Heilige – und das, obwohl sie genau wissen wie marode und verlogen das System ist.
Che hat sein eigenes Mausoleum – kann man machen, kann man auch lassen
Geld regiert den Sozialismus
Im Sinne der sozialistischen Gleichberechtigung hat man neben der einheimischen Währung CUP (Peso Cubano) einfach noch die Devisenwährung CUC (Peso Convertible) eingeführt, die das 25-fache Wert ist. Also gibt es faktisch eine Währung, für die man nichts bekommt und eine, mit der man sich alles kaufen kann.
Info: Mittlerweile gibt es auf Kuba nur noch die Währung CUP, den Cubanischen Peso. Da es auf unserer Reise die andere Währung (CUC) noch gab und es sich um einen Reisebericht handelt, werdet ihr auch weiterhin davon lesen.
Spätestens als wir vor einer Eisdiele standen, hat mich diese Trennung angewidert; denn es zeigt, wie verlogen das System ist. Die Schlange der Wartenden war lang. Sehr lang. In der Schlange warteten jene, die in CUP zahlen wollten. Die Kubaner. Der nette Wachmann erklärte uns direkt, wenn wir in CUC zahlen möchten, dürfen wir einfach durchgehen. Dafür braucht man nicht in der Hitze anstehen. Wieviel das Eis mehr koste, wollte ich wissen. Er lächelt schüchtern und antwortete ausweichend „seeehr viel mehr“.
Nie versiegende Geldquelle Tourismus
Auch wenn man weiter an der Idee und dem Mythos Fidel festhält, streben viele nach mehr. Finanziell mehr. Man versucht also an jeder Ecke Geld zu machen – und zwar mit Touristen. Der scheinbar einzigen Möglichkeit. Und auch wenn es mich oft geärgert hat, ich kann es verstehen!
Kuba ist arm. Richtig arm. Das war mir auch vorher bewusst. Aber es ist eine andere Armut als in anderen Ländern. Die Menschen leben nicht in Kartonhütten, unter Plastikplanen oder in Slums. Es ist diese Armut, dass es nichts gibt. Und dass die wenigsten überhaupt eine Chance haben, sich etwas aufzubauen.
Ein relativ „gut gefülltes“ Regal im Supermarkt
Der durchschnittliche Monatslohn eines Lehrers liegt bei 25 CUC, rund 20 Euro. Nirgends trafen wir derart gut ausgebildete Taxifahrer oder Reiseleiter. Verständlich, denn mit Touristen lässt sich auf Kuba Geld verdienen. Es scheint die einzige Art zu sein, um überhaupt zu ein wenig Wohlstand zu kommen. Vermietet man ein Zimmer in seiner Casa, lassen sich mit einer Nacht 25 CUC einnehmen. Davon müssen die Besitzer zwar rund 40% an den Staat abdrücken, aber alles in allem doch weitaus lukrativer als Kinder zu unterrichten. Traurig, denn Kuba hatte einst das beste Bildungssystem Lateinamerikas. Doch nun findet man kaum mehr Lehrer. Traurig aber Realität.
Alles ist teuer – nur der Rum nicht
Kuba ist teuer! Man mag es kaum glauben, dieses Land, das bettelarm ist und kaum etwas hat. Doch dank CUC schafft man es, die Preise für Touristen künstlich hoch zu halten. Essen im (Touri-)Restaurant kostet mehr als in Berlin. Manchmal ist es wirklich richtig gut, oft nur mäßig. Während ich mir in 6 Monaten Asien nur einmal richtig den Magen verstimmt habe, geht es mir in drei Wochen Kuba gleich zwei mal richtig dreckig.
Vermutlich habe ich einfach zu wenig Rum zum Essen getrunken. Denn auf Rum ist immer Verlass. Trinkt mehr Rum! Rum gibt es immer und überall. Und zwar spottbillig. Rum ist billiger als Wasser und leichter zu bekommen. An einem Morgen haben wir in Havanna 8 Supermärkte auf der Suche nach Wasser abgeklappert. Rum gab es überall. Und um ehrlich zu sein, Limo und Cola auch (könnte man ja zum Mixen brauchen; meist trinkt man aber pur).
An Rum mangelt es jedenfalls nie
Rum trinkt man einfach überall. Am Strand, im Meer, auf der Straße. Kuba hat definitiv ein kleines Alkoholproblem. Nicht verwunderlich also, dass die Anonymen Alkoholiker in jeder Stadt meist an den zentralsten Plätzen zu finden sind. Zumindest werden die Leute nicht ausfallend oder aufdringlich, wie es in unseren Breitengraden leider oftmals der Fall ist.
In der Touristenblase zu leben ist anstrengend und teuer
Und bevor man mich missversteht: Kuba ist toll. Das Land ist spannend. Die Menschen sind freundlich. Die Natur ist wunderschön. Das Meer ist türkisblau. Havana ist trotz Ruinen eine der schönsten Städte, die ich je besucht habe. Aber nach fast drei Wochen ist das Leben in der Touristenblase anstrengend. Es ist anstrengend immer der Goldesel zu sein. Und teuer.
Ausdruck der Touristenblase – die Oldtimer mit Touren für viel zu viel Geld
Es ist ok als Tourist mehr zu zahlen als Einheimische. Das haben wir in vielen Ländern erlebt. Aber es war immer nur bei einigen Dingen. In Kuba ist es überall und oft so unverhältnismäßig. Spätestens als man für den Besuch eines Friedhofs 5 CUC von uns pro Person (also 1/5 eines Lehrergehalts!) haben wollte, war ich echt sauer. Selbst in Paris kosten die berühmten Friedhöfe keinen Eintritt. Davon abgesehen kostet das Nationalmuseum 3 CUC. Man findet das richtige Maß nicht so recht. Ah, das interessiert die Touristen, super, verlangen wir mal (richtig viel) Eintritt!
Aber das Traurigste daran ist, dass die Menschen davon nicht mal profitieren. Ich hätte nichts dagegen, überall mehr zu zahlen, wenn die einfachen Kubaner dann zumindest ein bisschen mehr hätten; wenn sich die Menschen eine bessere Zukunft aufbauen könnten. Doch das meiste Geld steckt sich der Staat ein.
Der Staat kassiert ab – egal bei wem
Die Tabakfarmen müssen 90% der Ernte an den Staat abdrücken. Die Oldtimer-Taxifahrer in Havana müssen 600 CUC pro Monat zahlen, damit sie ihre Lizenz behalten. Egal ob Haupt- oder Nebensaison ist. Man fährt also lange erst mal nur für den Staat. Kaum verwunderlich, dass die Preise so überhöht sind, man will ja selbst noch was übrig haben. Die Casa-Besitzer machen ihr Geld überwiegend mit dem Essen, dass sie verkaufen. Denn die Lebensmittel sind günstig und teilweise staatlich subventioniert. Kurzum: der Staat nimmt die Casa-Besitzer aus und diese bescheissen wiederum den Staat ein bisschen. Super Wirtschaftssystem.
Realität vs. Touristen-Show: so sieht es in vielen Küchen aus
Alltag auf Kuba: Anstehen für Brot in der Bäckerei
Und umso verwunderlicher ist es da, dass die Kubaner trotzdem weiter am Revolutionsgedanken festhalten. Ja, man darf nicht außer acht lassen, dass Fidel Castro viel für die Unterschicht getan hat, ihnen viel ermöglicht hat. Beispielsweise die Rassentrennung abzuschaffen. Er hat allen Kubanern, gleich welcher Hautfarbe, den Zugang zur Universität erlaubt. Allerdings können heute nur jene studieren, die sich auch die Bücher leisten können. Gleichberechtigung sieht anders aus. Aber man hält am über alles erhabenen Fidel und seinem Comandante Che fest. Auch wenn die bröckelnden Prachtbauten in Havana, Trinidad und Cienfuegos noch von einer Zeit erzählen, in der es Kuba an wenig gemangelt hat. Einer längst vergessenen Zeit.
Die Gebäude mögen bröckeln – die Verehrung ist weiter ungebrochen
Leben in Kuba?
Einerseits ist es bewundernswert wie die Kubaner aus Nichts das Beste machen und trotzdem ihren Lebensmut und die Lebensfreude nicht verloren haben. Die Kubaner sind so lebensfroh. Überall hören wir Musik. Überall singt und tanzt man.
Und die Kubaner sind freundlich. Gerade in den weniger touristischen Vierteln in Havana wurden wir alle paar Meter angesprochen. Nicht um uns etwas zu verkaufen, sondern einfach nur um mit uns zu plaudern. Woher kommst du, wo warst du, wie gefällt dir Kuba? Verrät man, dass man aus Deutschland kommt, hat jeder einen Satz auf den Lippen: „Alles klar?!“ Ich wüsste zu gerne, wo man das gelehrt hat… Und irgendwie hat auch jeder Kubaner, mit dem wir sprachen, (mindestens) einen Verwandten in Deutschland. Hm, ich wusste nicht, dass so viele Kubaner in Deutschland leben.
Was bleibt?
Ich kann mich einfach nicht entscheiden, wie toll ich Kuba letztendlich finde. Unter die Top-3 meiner Lieblingsländer schafft es das Land nicht, aber wir haben auch nie bereut, das Land kennengelernt zu haben. Es ist lehrreich und die netten Menschen machen vieles wieder wett. Ich bin froh, jetzt dort gewesen zu sein. Ich bin dankbar, das Land gesehen zu haben. Kuba lehrt Demut. Und Kuba lehrt wie wertvoll die eigene Freiheit und die Möglichkeit die Welt sehen zu können doch ist. Ich hoffe, dass sich Kuba nicht allzu schnell verändert und noch lange seinen Charme behält. Aber ich wünsche den Menschen auch eine Zukunft. Ein Weiterkommen. Ein leichteres Leben.
¡Viva la Revolucion!
Warst du schon mal auf Kuba und wie hast du es empfunden? Lass mir doch gerne einen Kommentar da. Und wenn du noch mehr Infos für deine Reise suchst, dann schau doch mal auf unserer Kuba-Seite vorbei, dort findest du all unsere Tipps und Empfehlungen.
schön wäre es, wenn du wenigstens immer ein Datum bei allen Aktivitäten hinterlassen hättest …
Gruß – Thomas
Liebe Steffi, wieder mal ein schöner Text mit euren Eindrücken. Ich war sehr gespannt auf deine Meinung zu Kuba. ich finde es nämlich immer etwas scheinheilig, wenn die Leute hier sagen – wenn du nach Kuba reisen willst, dann musst du es jetzt machen – weil sie öffnen sich ja und dann ist es nicht mehr so ursprünglich. Das muss man meiner Meinung nach differeniert betrachten, denn die Menschen dort sind arm und haben ja genauso wie wir Wohlstand und ein morderneres, leichteres Leben verdient, auch wenn dann vielleicht ein paar weniger fotogene Oldtimer rumfahren sieht und sie sich neue Autos leisten könnten und es nicht mehr so „ursprögnlcih“ wäre und wenn das ursprüngliche auf einem maroden, sozialistischen Wirtschaftsystem basiert weiß ich auch nicht, ob das so toll ist. Auch wenn es natürlich auch den Vorteil gibt, dass es mehr Bildung als in anderen armen Ländern gibt. Ich war noch nicht dort, aber das schwingt so in meine Überlegungen ein, ob ich mal hinfahren sollte – man kann sich ja wirklich erst eine Meinung bildern, wenn man dort war.. Ich hoffe jedenfalls, dass den Menschen dort die Balance gelingt, vom Tourismus zu profitieren ohne sich zu verlieren. Liebe Grüße an euch beide!
Ja, das ganze Gerede mit „man muss jetzt hin, sonst verliert es seinen Charme“ ist geheuchelt. Die Kubaner haben Besseres verdient – und wenn „Besseres“ heißt, dass die Touristen eben keine Ruinen und kaputten Oldtimer mehr sehen können, dann ist das total in Ordnung. Seine Meinung muss man sich über das Land selbst bilden – da hast Du komplett Recht. Lass mich wissen ob Kuba irgendwann dann doch auf deiner Liste auftaucht. Würde mich sehr interessieren, wie Du das Land erlebst.