Havanna. La Habana. Die größte Metropole der Karibik. Ein Traum einer Stadt, ein bröckelnder Traum. Man kann sich kaum vorstellen wie wunderschön Havanna einst gewesen sein muss. Eine wahre Perle. Ein Traum aus einer längst vergangenen Zeit. Das Herz Kubas.
Havanna ist ohne Zweifel das Herz Kubas
Wie wohlhabend die Stadt einst gewesen sein muss lässt sich an den Stadtpalästen, Villen und wunderschönen Altbauten erahnen. Schönheit und Verfall liegen so nah beieinander wie die Stadtteile Old Havana und Central Havana. Während in einem Teil der Stadt die Fassaden um die Wette strahlen als gäbe es einen Schönheitswettbewerb zu gewinnen, sieht Havanna in anderen Ecken aus wie ein Kriegsgebiet. Und doch hat diese Stadt etwas ganz besonderes, etwas magisches. Diesen ganz besonderen Charme, diesen Glamour.
Old Havana oder Habana Vieja: hübsch, geputzt, gekünstelt
Old Havana oder Habana Vieja – der historische Stadtteil Havannas. Weltkulturerbe. Touristenzentrum. Man hat aufgeräumt in Habana Vieja. Auf der Plaza Vieja strahlen die geputzten Häuser um die Wette.
Hübsch – fast schon zu hübsch der Plaza Vieja
Altes sieht hier fast schon neu aus – alles für den Tourismus
Es ist sauber, es ist hübsch, es ist glänzend. Doch irgendwie ist es künstlich. Es ist nicht Kuba und doch ist es Kuba. Es fühlt sich ein bißchen an wie Disneyland – surreal. Auch die umliegenden Straßen sind hübsch. Man hat die Häuser renoviert und die Mieten angezogen. Die weniger wohlhabenden umgesiedelt.
Straßen wie Postkartenmotive
Häuser und Autos spielen in Havanna ganz nach dem Motto „Old but gold“
Man hat aufgeräumt für die Touristen. Wie ich finde, ein bisschen zu sehr. An manchen Stellen hat es nicht mehr allzu viel mit dem Kuba zu tun, das wir während unserer dreiwöchigen Reise durch Kuba kennengelernt haben. Habana Vieja ist hübsch. Keine Frage. Allerdings ist der Kontrast zu den noch nicht renovierten Häusern drastisch.
Während die eine Strasse aussieht wie ein Gässchen in München, ist die Nachbarstrasse eine Ruine. Und es stinkt. Klar, Touristen und Einheimische hinterlassen jede Menge Müll. Die Luft steht und in den Gässchen in denen kein Windhauch geht, fühlt man sich wie in der Sauna. Und es hat seinen Preis: ein Zimmer in einer Casa in Havana Vieja kostet zwischen 50 und 70€. In einem der noblen Hotel in der Innenstadt von Havanna gerne mal 250€.
Central Havana – arm, kaputt aber sexy
Central Havana ist ein einziges Fotomotiv. Havanna wie es echter nicht sein könnte: lebendig, dreckig, pulsierend, melodiös, arm. Central Havana, der Stadtteil in dem wir gewohnt haben. In dem die Kubaner leben. Manch einem mag es hier zu dreckig sein, zu kaputt. Ich hätte mir keinen schöneren Ort für unsere Zeit in Havanna wünschen können.
Bunt und betriebsam – egal zu welcher Uhrzeit, das ist Central Havana
Kein anderer Teil zeigt die Vielfalt dieser Stadt so eindrücklich. Die eine Straße präsentiert sich hübsch mit renovierten Häuschen, liebevoll gepflegt. Einen Straßenzug weiter steht kaum ein Haus mehr, Schuttberge türmen sich an den Seiten, der Straßenbelag ist aufgerissen. Es wirkt wie nach einer Bombardierung. Mancherorts sieht Havanna aus wie ein Kriegsgebiet. Nicht wie ein verkommener Slum, wie viele uns mit verzogenem Gesicht vorgewarnt hatten. Man findet keine Kartonhütten oder Bretterbuden, sondern Häuser. Wenn auch einstürzende Häuser. Oder bereits eingestürzte. Ob die Gebäude von alleine einstürzen oder man hier und da abreißt – ich weiß es nicht. Man sieht auch keinen Unterschied.
Bilder wie nach einem Krieg
Die Trümmer lässt man liegen, die noch brauchbaren oder verkäuflichen Dinge wie Metallrohre nimmt man mit oder verscherbelt sie. Über ganze Strassenzüge fehlte der Teer. Hier und da sieht man Straßenarbeiten, das ist aber eher Seltenheit. Meist sieht es aus, als sei es schon sehr lange so. Vielleicht teert man auch irgendwann die Strasse neu. Wer weiß. Vermutlich wenn es neuen Teer gibt.
Aufgerissene Straßen sind keine Seltenheit. Benutzt werden sie natürlich trotzdem als wäre sie neu
Und doch mochte ich diesen Stadtteil so viel lieber als die geputzte Altstadt. Hier lebt man. Und Central Havana lebt: die Wohnungen stehen offen, man plaudert mit den Nachbarn, treibt Geschäfte. Verkauft, handelt, scherbelt. Abends holt man die Stühle vor die Türen und sieht den Kindern beim Spielen zu. Ach Havanna, du kannst so schön sein.
In den Straßen Central Havanas ist Leben
Viva la Revolucion. Ja, in Havanna lebt man die Revolution noch. Che und Fidel werden wie Götter verehrt. An nahezu jeder Hauswand findet man ihr Konterfei, Liebesbekundungen und Glorifizierungen. Die kubanische Fahne weht in nahezu jeder Straße.
Die kubanische Fahne findet man wirklich überall
Aber auch die Amerikanische Flagge sieht man an jeder Ecke
Doch was ebenso auffällt, in Havanna sehen wir die amerikanische Flagge häufiger als irgendwo sonst auf Kuba. Aufbruch oder Stillstand? Zumindest in Havanna treffen wir erstmals Kubaner, die Kritik am System äußern. Revolution hin oder her – ein Talent für Kunst haben die Habaneros. Havanna ist ein einziges Kunstwerk. Wer braucht schon Museen, wenn schon die Straßen Kunst sind und die Revolution die besten Models hervorgebracht hat.
Che ist sozusagen das Supermodel Kubas – er ist überall
Und auch Camilo Cienfuegos darf nicht fehlen in der Riege der Stars und Supermodels
Geheimtipp Casa Blanca
Casa Blanca oder Casablanca, ich finde letzteres klingt ja irgendwie romantischer. Jedenfalls sollte man den Stadtteil auf der anderen Seite von Habana Vieja nicht verpassen. Zum einen ist die Hitze nicht ganz so drückend, zum anderen hat man einen traumhaften Blick über Havannas Altstadt.
Der Blick ist toll – auch wenn er manchmal von riesigen Kreuzfahrtschiffen verstellt wird
Es geht zwar einige Treppen hoch, aber der Aufstieg lohnt sich definitiv! Wer mich kennt weiß ja, dass in keiner Stadt der Blick von oben fehlen darf. Und ja, es hat sich gelohnt. Außerdem ragt auf der Anhöhe über Casa Blanca die Christusstatue in den Himmel. Und da ich immer noch nicht in Rio de Janeiro war, wollte ich zumindest die kleinere (und nicht ganz so berühmte) Version gesehen haben!
Jesus wie man ihn sich vorstellt – nur weißer und größer
Das Monument schaut auf Havanna herab – als wolle es die Stadt segnen
Wer mag kann in Casa Blanca auch noch das Che-Museum, das Kriegsmuseum oder die alte Festung besichtigen. Fanden wir jetzt alles nicht sooo spektakulär und haben uns stattdessen einfach nur so ein bißchen in Casa Blanca umgesehen.
Die Festung haben wir uns nur von außen angeschaut
Die Details wie Parkbänke machen Casa Blanca wirklich zauberhaft
Und wie kommt man hin? Man kann entweder mit dem Auto durch den Tunnel fahren (bspw. während der Oldtimertour) oder man nimmt die Fähre. Haben wir gemacht und ist definitiv die spannendere (und günstigere) Variante. Alle 30 Minuten kann man mit der Fähre nach Casa Blanca übersetzen. Der ganze Spaß kostet pro Person nur 0,35 Cent. Der Hafen liegt an der Avenida del Puerto, neben der Orthodoxen Kirche (Catedral Nuestra Señora de Kazán) – das ist übrigens dieses hübsche, goldene Ding.
Oldtimer Tour – top oder flop
Natürlich haben auch wir lange überlegt, ob wir uns in den schicken alten Autos durch die Stadt kutschieren lassen sollen. Und uns dann dagegen entschieden. Nachdem wir in wackeligen Oldtimern aka Taxi Collectivos einmal quer durch Kuba gerumpelt sind, hatten wir irgendwie genug vom Auto fahren. Und außerdem ist die Tour gut teuer. In unserer Casa wurde uns die zweistündige Tour für 70 CUC angeboten. Vor dem Capitol fangen die Jungs bei 40-50 CUC an. Schlussendlich hätten wir für 30 CUC fahren können. Wenn ihr gerne eine Stadtrundfahrt in einem Oldtimer in Havanna machen wollt, dann handelt einfach mit den Fahrern. Je nach Saison und Ansturm schwanken die Preise stark.
Schön sehen sie ja aus – auch wenn sie manchmal schlapp machen
In der Nebensaison sind die Preise deutlich niedriger da die Fahrer schon froh sind, wenn sie zumindest ihre überteuerte Lizenz bezahlen können. Allerdings hatten wir zu diesem Zeitpunkt einfach schon alle Orte besichtigt. Und sind wir mal ehrlich – wenn man im Auto sitzt hat man auch nichts mehr vom hübschen Anblick. Also haben wir die Autos lieber fotografiert.
Einer neben dem anderen wartet auf Touristen – in der Nebensaison ein hartes Geschäft
Oh du goldenes Havanna
Zwischen 18-20 Uhr ist meine liebste Zeit in Havanna, zur Goldenen Stunde. Die brütende Hitze des Nachmittags lässt langsam nach, hier und da kann man einen Lufthauch erahnen. Die Sonne steht so tief, dass sie die Stadt in goldenes Licht taucht.
Abends taucht sich die Stadt in ein wohliges Gold – da sehen sogar Ruinen wundervoll aus
Selbst Ruinen wirken wie Paläste. Diese Stunden sind magisch. Havanna erwacht. Auf eine andere Art als die Touristenmassen und Tourguides sie tagsüber in Beschlag nehmen. Nicht so aufgescheucht. Laut ist es nach wie vor, doch anders laut – wie überall hört man aus allen Ecken Musik. Das Leben der Habaneros spielt sich auf der Straße ab. Man sitzt vor seinem Haus, die Kinder spielen mit Hulahub-Reifen und Bällen. Die Alten sitzen in Schaukelstühlen, die Jungen auf der Gehsteigkante. Andere verkaufen aus einem Einkaufswagen seltene Schätze wie Seife und Kosmetik.
Mythos Malecon
Besonders schön ist die Abendstimmung am Malecon. Havannas angeblichem Prachtboulevard. Der Malecon ist ein Mythos. Man liest von Liebenspaaren die entlangflanieren, Poeten, Künstlern. Um ehrlich zu sein, in Wahrheit ist der Malocon eine 6-spurige Straße am Meer entlang. Es ist laut, stinkig und beim Überqueren muss man sich sputen.
Am Malecon ist Fischen verboten – zumindest offiziell
Und doch hat diese Uferpromenade etwas magisches. Abends. In den Stunden um den Sonnenuntergang. Wenn die Hitze des Tages nachlässt. Dann kommen die Menschen zum Malecon. Dann ist es der Treffpunkt für Kubaner und Besucher. Auf den Kaimauern stehen Angler. Daneben sitzen Paare, die zusehen wie die Sonne im Meer versinkt. Die alten Häuser erzählen im goldenen Licht von ihren Glanzzeiten und der Ort verzaubert einfach.
Tagsüber kann ich einen Spaziergang am Malecon nicht unebdingt empfehlen – zumindest nicht im kubanischen Sommer. Die Sonne brennt erbarmungslos, es gibt keinen Flecken Schatten und die Abgase der Oltimer vergasen die Luft. Abends hingegen ist es einer der schönsten Plätze.
Abends am Malecon ausruhen ist einfach ein Traum
Kommerz und Realität in Havanna
Was mir direkt am ersten Abend auffällt: in Havanna gibt es Läden! Ja, echte Shoppingläden. Mit Klamotten. Also genau genommen in Havana Vieja. Verrückt, aber was mir bis dahin gar nicht aufgefallen war – wir hatten bis dato auf Kuba keinen einzigen Klamottenladen gesehen. Lediglich die üblichen Souveniershops mit den gängigen Che-T-Shirts und solchem Zeug. In Old Havanna gibt es sie – Klamottenläden von vielen gängigen Marken. Allerdings wirken diese Shops irgendwie unecht. So fehl am Platz. Ebenso wie die dicken, schicken Hotels daneben. Aber das ist nunmal auch Old Havana. Man hat sich hübsch gemacht.
Ganz anders sieht es im Rest der Stadt aus. Abseits der hübschen Touristenplätze stehen die Menschen Schlange. Für alles. Für Essen, Internet, Ventilatoren. Was es eben gerade gibt. In diesem Moloch wird schnell klar, wie Kuba funktioniert: je kleiner die Stadt, desto besser scheint die Versorgung zu funktionieren. In Trinidad oder Viñales hat man sich einfach selbst versorgt oder bei den Nachbarn gekauft. In Havanna scheint dies schwieriger. Es gibt Märkte in Hinterhöfen, zig Kioske und viele Supermärkte – was es aber wann gibt (oder ob es überhaupt etwas gibt) weiß niemand. Im untouristischen Havanna blüht der Schwarzmarkt.
Havanas Schattenseiten
In Havanna findet man mehr Touristen als irgendwo sonst auf Kuba. Mehrmals in der Woche ankert eins der großen Kreuzfahrtschiffe im Hafen und schwemmt die Altstadt mit hunderten Touristen. Und wo unbedarfte Urlauber sind, da steigt natürlich auch das Abzock-Potenzial. Darum hier ganz kurz drei Tipps. Nicht nur einmal hatten wir damit zu tun:
- Zählt euer Wechselgeld! Eine Sache, die mir echt unschön aufgefallen ist: in keinem anderen Land wie in Kuba habe ich so oft mein Wechselgeld beanstandet. In Havanna war es besonders extrem. Ja, es sind immer nur 1-2 CUC, aber in drei Wochen kommt da ein ganz schönes Sümmchen zusammen. Oder man rechnet einfach drei statt zwei Flaschen Wasser ab. Ganz ehrlich, das nervt! Entweder sind die Kubaner die miesesten Mathematiker der Welt (unwahrscheinlich) oder man macht’s mit voller Absicht.
- Trinkwasser: lieber eine Flasche als ein Glas Wasser bestellen. Wenn man Pech hat, bekommt man sonst Leitungswasser. Bei Flaschen unbedingt den Schraubverschluss kontrollieren, oftmals werden die Flaschen einfach wieder aufgefüllt (und trotzdem teuer verkauft). Nur ungebrochenes Frischesiegel akzeptieren.
- Wenn ein Restaurant kein Wasser hat: steht auf und geht! Havanna hat ein Problem mit der Wasserversorgung und immer wieder kommt es zu Engpässen. Die meisten Häuser haben Tanks auf dem Dach. Vergisst man aber die Pumpe am entsprechenden Wochentag einzuschalten oder verbraucht man schlicht zu viel, sitzt man auf dem Trockenen. Kann in Privathäusern passieren, ebenso in Restaurants. Und wenn in einem Restaurant das Wasser nicht funktioniert, dann verzichtet lieber auf’s Essen und geht! Wir haben das an unserem letzten Abend leider nicht beherzigt (weil wir so froh waren, dass wir in der Schlange endlich dran kamen) und es nachts (und am nächsten Tag) böse, böse bereut.
Alle Infos rund um Havanna:
Du planst eine Reise durch Kuba? Alle unsere Infos – wo wir übernachtet haben und welche Orte wir besucht haben – gibt es auf der Kuba-Überblicksseite. Noch mehr Havanna-Impressionen gefällig? Meine 20 Lieblingsbilder aus der kubanischen Hauptstadt:
Sehr cooler Beitrag ;)
Wir sind in knapp zwei Wochen dort und werden auf jeden Fall den einen oder anderen Tipp von euch nutzen ;)
Freut mich mega! Habt ganz viel Spaß!