Gelb. Ein milchiges gelb. Oder soll ich sagen ein verwaschenes beige? Kilometerweit erstreckt sich diese Farbe vor mir. Soweit mein Auge reicht. Ein warmer, staubiger Wind bläst mir ins Gesicht, meine Arme sind von einer hauchfeinen grauen Schicht überzogen, meine Füße sandig. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne wärmen meinen Körper. Der Sand, der über die Spitze der Düne vom Wind gepeitscht wird, sticht wie winzige Nadeln auf der Haut. Um mich herum ist nichts als Sand. Sand und endlose Weite. Willkommen in der Sahara. Willkommen in Mauretanien.
Auf in die Wüste
Zwei Jeeps halten vor unserem Hoftor auf der sandigen Straße. Die Ladeflächen sind pickepacke voll geladen. Kanister, Pfosten und Boxen schauen unter der Plane hervor. Wir brechen zu unserer wohl bislang abenteuerlichsten Wüstentour auf. Die kommenden 4 Tage werden wir mitten in der Sahara verbringen. Max, unser Freund Markus, zwei Fahrer, ein Guide und ich. Verteilt auf 2 Jeeps. Eine Tour abseits aller Touristenpfade. Auf der Ladefläche befinden sich Zelte, Sprit, Lebensmitteln und vor allem Wasser. Denn wir werden in Gegenden fahren, in denen es das nicht gibt. Kein Wasser und keine Zivilisation. Auch wenn wir in ein Auto gepasst hätten, wir müssen mit 2 Autos fahren – denn bleibt eins liegen, gibt es ein Backup, das Hilfe holen kann.
Wir schlängeln uns im Schneckentempo durch den Verkehr der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott. Selbst nach 3 Tagen hier bin ich noch immer fasziniert vom Verkehr hier. Und dass es doch irgendwie klappt vorwärts zu kommen.
Eine Kreuzung in Nouakchott
Straßenverkehr in der Hauptstadt
Wir verlassen die Stadt in nordöstlicher Richtung. Kaum haben wir die Stadt, diesen chaotischen, dreckigen Moloch hinter uns gelassen, erstreckt sich gähnende Leere. Weite. Sand. Gelber Dunst unter einer glühenden Sonne.
Anfangs stehen hier und da noch kleine Häuser und Zelte. Dromedare und Ziegen durchstreifen das karge Land. Mitten im Nirgendwo taucht wie aus dem Nichts ein massives Gebäude auf, daneben ein Funkmast mit Solarzellen. Ich bin überrascht so etwas hier zu sehen. Obwohl es wohl das sinnvollste ist, was man hier „anbauen“ kann. Denn Licht gibt es genug. Die Technik ist nicht selbstverständlich in diesen Teilen der Welt, es ist purer Luxus. Doch anders gibt es keinen Strom hier draußen.
Offroad durch Mauretanien – wobei das hier noch eine relativ gute Straße ist
Mauretanien, das unbekannte Land
Mauretanien, ein Land das kaum jemand kennt. Drei mal so groß wie Deutschland, doch nur etwa 4 Millionen Menschen leben im Land, 1 Million davon in Nouakchott, der Hauptstadt. Mauretanien, nicht Mauritius, wie viele unserer Freunde verstanden haben. Ein Land an der Westküste Afrikas, ganz grob betrachtet, südlich von Marokko. Im Norden grenzt es an die Westsahara, im Südwesten an Mali und den Senegal. Ihr merkt schon, wir sind in einem recht unbekannten Teil der Welt unterwegs.
Mauretanien, ein Land beherrscht durch die trockenste Wüste der Welt, die Sahara. Nur 0,2% des Landes können bewirtschaftet werden, der Rest ist Wüste. Man lebt vom Mineralabbau, der Dromedar- und Ziegenzucht. Die einzigen Nutztiere, die scheinbar robust genug sind, unter den kargen Gegebenheiten zu überleben.
Zaun am Straßenrand
Hier und da gibt es Vegetation
Auf dem Weg in die größte Trockenwüste der Welt
Zwei Stunden später halten wir an einem Militärkontrollpunkt. Sie bekommen eine Kopie unserer Pässe. Elf weitere werden wir in den nächsten Tagen passieren. Zum einen behält man so den Überblick wer eine Stadt verlässt oder betritt, zum andern ist es eine Art Versicherung für uns. Sollte etwas passieren, könnte man anhand der Checkpoints herausfinden wo wir ungefähr sind. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es beruhigend finden soll.
Eine der wenigen, gut ausgebauten Straßen in Mauretanien
Eine weitere Stunden brausen wir über die nagelneue, geteerte Landstrasse, die ins Nichts führt. Endlose Weite. Sand. Dornensträucher. Wir halten in einem Ort im Nirgendwo. Der vorerst letzte, der an einer Strasse liegt, erklärt Elisar unser Guide. Es wirkt als hätte man diesen Ort vergessen. Ein paar Backsteinhäuser, ein paar Baracken. Staubige Wege, Ziegen die an verrottenden Plastikeimer knabbern, Autos wie aus einem Endzeit-Film. Vor den Steinhäusern baumeln geschlachtete Ziegen von den Vordächern, zum Ausbluten in Plastikfolie gewickelt, auf den Steinen trocknen die Häute. Nichts für empfindliche Nerven.
Während unser Guide noch die letzten Dinge einkauft, bittet man uns in ein Zelt. Wir nehmen auf durchgesessenen, dünne Matratzen am Boden Platz. Tische oder Stühle gibt es nicht. Uns gegenüber sitzt eine kleine Gruppe Männer, die an winzigen Gläschen nippen. Auch für uns gibt es Tee. Mauretanische Gastfreundschaft.
Ohne Tee geht in Mauretanien gar nichts
Tee, der Motor Mauretaniens
Der mauretanische Tee hat es in sich, es handelt sich vielmehr um flüssigen Zucker mit einem Hauch Minze, serviert in winzigen Gläschen. Ich dachte bislang der Tee in Marokko sei süß – im Vergleich zu hier ist er fast herb. Wir trinken drei Runden Tee. So will es die Tradition. Wir werden in den kommenden Tagen noch viel Tee trinken. An den seltsamsten Orten. Denn ohne Zucker mit Tee geht in diesem Land gar nichts.
Der Mann stellt das Gläschen vorsichtig auf den Teppich vor mir ab; vermutlich will er kein Risiko eingehen, aus Versehen meine Hand zu berühren. Denn traditionelle Mauretanier sprechen nicht mit dem anderen Geschlecht. Oder würden es gar berühren. Ich werde als Frau höflich ignoriert. Das ist nicht böse gemeint. Es ist die Kultur. Ich kenne das aus vielen muslimisch geprägten Ländern, doch in Mauretanien ist es strenger. Männer sprechen lediglich mit Männern. Frauen ausschließlich mit Frauen. Zumindest jene, welche traditionell sind.
Nach drei Runden Tee brechen wir wieder auf. Die breite Strasse wird schmaler. Durchzogen von mehr und mehr Schlaglöchern. Irgendwann endet der Teer. Wir rumpeln über eine festgefahrene, unbefestigte Piste, die bald in Sand übergeht.
Gegen Spätnachmittag halten wir an. Die Fahrer nutzen die Pause um sich zu erleichtern und zu beten. Für Männer ist ersteres kein großes Problem. Ich blicke mich suchend um. Denn in der Wüste ist die Toilette hinter dem Busch. Das Problem ist nur: einen Busch finden! Einen, der groß genug ist, um sich dahinter zu verstecken. Denn ausser Sand, endloser Weite und ein paar verdorrten Dornenbüschchen gibt es hier nichts.
Kaum sind wir wieder unterwegs, verändert sich die Landschaft zunehmend. Kleine Sandanhäufungen tauchen auf. Später niedliche, kleine Sanddünen. Die Konturen wie gemalt.
Die Grande Dune: die schönste Düne der Sahara
Wir passieren eine Oase. Und plötzlich erstreckt sich eine riesige Düne vor uns: die Grande Dune.
Dort schlagen wir unser Lager für die erste Nacht auf. Am Fuße der Großen Düne. Pünktlich um den Sonnenuntergang anzuschauen – doch davor müssen wir erst mal hoch. Der Aufstieg ist anstrengend, manchmal versinke ich bis zur Wade im Sand, dann ist er wiederum so steinhart dass ich kaum halt bekomme.
Oben angekommen kann ich meinen Augen kaum trauen. Hunderte Dünen erstrecken sich hinter dem Kamm. Berge und Schluchten aus nichts als Sand. Majestätisch, malerisch. Ohne eine einzige Fußspur. Unberührt. Und wieder einmal bin ich geflashed, wie wunderschön Sand sein kann. Wie friedlich und malerisch die Welt ist.
Die Sonne verschwindet glutrot hinter den Bergen und taucht die Wüste in sanftes rose, lila, blau. In der Dämmerung rennen wir den Sandberg hinunter. Dieses Gefühl – einmal mit Schallgeschwindigkeit zurück in die Kindheit. Wind in den Haaren, Sand an den Füßen, jauchzend eine Düne hinunter. Es ist dieses besondere Gefühl, das man fast schon vergessen hat. Man sollte jede Düne auf diese Weise verlassen. Immer.
Die Aussicht des Nachts in der Wüste
Unsere Guides haben derweil die Zelte aufgebaut und kochen über dem offenen Feuer. Markus hat Feuerholz und trockene Palmwedel gesammelt. Elisar setzt sich zum Essen zu uns und erzählt uns von Mauretanien, vom Leben hier draußen. Es gibt frisch gebackenes Brot, Reis und Lamm-Eintopf. Die Palmenzweige rascheln leicht im Wind, im Busch zirpt und knistert es.
Unser Camp im Schatten der Grande Dune
Und spätestens als die Dunkelheit vollends über unser Camp gezogen ist und die Sterne am Himmel glitzern bin ich vollends sprachlos. Uns umweht sanft der warme Sahara-Wind. Das Lagerfeuer prasselt und über uns gehen Millionen von Sternen auf. In diesem Moment könnte die Welt perfekter nicht sein.
Die Nacht verbringen wir auf Matten vor unserem Zelt, es ist angenehm mild, da wir windgeschützt, am Fuße der Düne campen. Ich starre in den Sternenhimmel, versuche meine Augen offen zu halten. Folge den sanften Schwingen der Milchstraße, die sich so klar abzeichnet wie das Bild einer Autobahn bei Langzeitbelichtung. Irgendwann gebe ich auf, meine Lieder sind zu schwer. Doch jedes mal wenn ich von einem Geräusch aufwache, sehe ich dieses zauberhafte Glitzern über mir.
Guten Morgen Wüstenleben
Früh am Morgen weckt uns die Dämmerung. Max und ich steigen abermals auf die Düne, genießen das warme Morgenlicht. Schießen hunderte Bilder. Hinterlassen unsere Spuren im Sand.
Die Dünenlandschaft sieht schon wieder anders aus als gestern. Nie sieht man zwei mal das selbe Panorama, der Wind verändert die Landschaft ununterbrochen. Der Himmel färbt sich von gold zu blau. Nicht nur der Wind verändert die Landschaft, auch das Licht. Die Aussicht ist wortwörtlich einmalig. Das nächste Mal wird sie schon wieder anders sein. Hinterm Horizont ist nichts als Sand.
Als wir sandig im klaren Sonnenschein wieder unten ankommen, steht schon das Frühstück auf der Berberdecke. Es gibt Kaffee, Crepes, Eier, Arme Ritter und Obst. Gekocht in einer Pfanne über dem offenen Feuer.
Danach heißt es Packen: Geschirr spülen, Zelte abbauen, Feuer löschen. Die Jungs verstauen alles unter den Netzten auf der Ladefläche und wir starten in Tag Nummer zwei. Unser Ziel: der Monolith Ben Amira.
5 Dinge ohne die du nicht in die Wüste fahren solltest:
- Kamera* mit genügend Speicherkarten*
- Powerbank* (zum Laden von Akkus oder Handy)
- Stirnlampe* (immer praktisch wenn es dunkel ist)
- Mückenspray mit Deet* (das beste Spray ever; leider nicht natürlich, aber die Stechmücken in Mauretanien waren echt brutal! Merke: erst Sonnenschutz, dann Mückenspray.)
- Großer, dünner Schal* (könnt ihr euch schnell um die Schultern legen, als langen Rock tragen oder nachts zum einkuscheln)
Auf dem Weg zum zweitgrößten Monolith der Welt
Wir fahren tiefer in die Wüste. Hatten wir gestern noch das Glück auf einer Strasse zu fahren, kämpfen wir uns heute durchs Nirgendwo. Durch tiefen Sand, der die Reifen durchdrehen und die schweren Geländewagen rutschen lässt. Doch die Fahrer sind geübt. Wissen damit umzugehen. Unsereins wäre längst stecken geblieben. Dann rumpeln wir wieder im Schneckentempo über Fußball-große Steine mitten durch die Geröllwüste.
Dromedare ziehen durch die karge Landschaft. Sie laufen frei herum, doch sie gehören irgendjemanden. Manchmal streifen sie tagelang durch die Steppe, doch ihre Besitzer scheinen zu wissen, wo sie sind. Dromedare bedeuten Reichtum. 800 Euro ist ein Tier wert, rund 1000 Euro ein trächtiges.
Leben im Nirgendwo
Meist kündigen das Auftauchen eines Esels oder einer Ziege die nächste Oase an. Und wie aus dem Nichts taucht hinter der nächsten sandgelben Kuppe sattes Grün auf. Dichte Palmenhaine, Sträucher, Hütten. Runde und eckige. Aus Lehm oder Palmblättern. Die einen sind für den Winter, die anderen luftig gebaut für die heißen Sommermonate. Strom oder gar Wasser gibt es in den Häusern nicht. Lediglich einen Brunnen, der per Hand betrieben wird. Die Menschen leben von der Viehzucht und von dem, was sie anbauen. Das Leben ist einfach hier draußen. Aber solange es hin und wieder, müssen Sie nicht ums Überleben kämpfen. Solange die Tiere genug zu Essen und Trinken finden.
Einige Dörfer haben Aggregate. Hier und da stehen kleine Solarzellen vor den Häusern. Fortschritt und Luxus pur. Denn so gibt es Strom. Doch eigentlich ist es den Menschen verboten, Solarzellen auf den Dächern zu betreiben. Die Regierung möchte sich schließlich nicht die möglicherweise nächste Geldquelle entgehen lassen. Die Menschen sollen ihren Strom vom staatlichen Stromkonzern beziehen – selbst wenn der keine Leitungen in die Wüste legt.
Die Landschaft wechselt von goldgelbem Sand zu Geröll, zu majestätischen Felsen, zerklüfteten Schluchten, Palmenhainen zu grau-gelber Ödnis. Nichts als harter Sand und Leere. Ein Vakuum. Eine Straße oder ausgefahrene Spuren gibt es nicht. Oder zumindest ist es für mich nicht erkennbar. Ich habe längst die Orientierung verloren. Würde man mich einmal im Kreis drehen, ich wüsste nicht mal mehr, aus welcher Richtung wir gerade kommen. Unser Fahrer hingegen brettert mit Vollgas und ohne zu zögern über die steinharte Sandsteppe.
Als wir fragen, woher er weiß, wo er hinfahren muss, sagt er: „Na wir folgen der Haupstraße!“ Und zeigt mit dem Finger vor sich. Ja klar, wie konnte mir das bloß entgehen? Markus und Max lachen. Doch auch sie erkennen nichts dergleichen. Unserer Fahrer hingegen erklärt uns, wir würden der Hauptroute folgen. Von dieser zweigen immer wieder kleine Nebenstraßen ab, die zu Siedlungen oder Wasserstellen führen. Und wenn er die Straße aus den Augen verlieren würde, würde er sich eben an anderen Dingen orientieren – wie den kaum wahrnehmbaren Bergen am Horizont. Die hatte ich bislang nicht mal als solche ausgemacht.
Diesen Canyon haben wir tatsächlich durchquert
Teils fühle ich mich wie in der Achterbahn, wir schaukeln, schlenkern und rumpeln – je nach Untergrund – durch die Landschaft. Zwei mal rumse ich mit dem Kopf ordentlich gegen den Türrahmen, weil ich mich nicht richtig festhalte, sondern lieber die Kamera umklammere. Am Fenster ziehen grasende Kamele vorbei, aus Palmblättern geflochtene Hütten, winkende Kinder.
Nach 3 Stunden off-road, die mir mehr als doppelt so lang vorkommen, erreichen wir die Strasse nach Atar. Welch eine Wohltat.
Zwischen Zivilisation und Müll
Atar ist das nord-westliche Zentrum an der Grenze zur Westsahara. Wir decken uns mit neuem Wasser und Lebensmitteln ein. Die Stadt ist wie so viele andere in Mauretanien schlicht hässlich. Ein Gewusel aus Menschen, Marktständen und Dreck. Am Stadtrand reiht sich Bauruine an Bauruine. Ist trostlos das richtige Wort? Vergessen? Oder ist es schlicht Normalität dieser mir doch so fremden Kultur?
Die Müllberge erschrecken mich jedes mal wieder aufs Neue. Die staubigen Strassen sind mit Müll überzogen, an anderen Stellen türmt sich der Müll meterhoch. Während ich in der Wüste recht orientierungslos bin, erkennt man, sobald wir uns der Zivilisation nähern. Einzelne Blechdosen rollen über den Sand, wenig später folgen Plastikbecher und weiterer Dreck. Kaum gibt es auch nur eine Ansammlung von wenigen Häusern, finden sich Müllberge. Es macht mich traurig. Traurig und nachdenklich. Womöglich lässt es sich leicht urteilen mit unserer westlichen Arroganz, die einfach nur die nicht mehr gewollten Überreste in die Tonne zu werfen braucht.
Man findet die seltsamsten Dinge mitten in der Wüste
Würde man den Müll aufsammeln, wohin könnte man ihn bringen? Ich scheue mich davor, zu fragen wohin mit den leer getrunkenen Plastikflasche, die sich unter meinen Füßen sammeln. Doch es gibt nichts anderes als Wasser in Plastikflaschen.
Um die Mittagszeit rasten wir neben der Straße, in einer Unterführung unter der Brücke. Nicht sexy, nicht hübsch, doch es ist der einzige Schatten den es gibt. Dass ich mal unter einer Brücke essen würde, hätte ich so auch nicht gedacht.
Mittagspause an der Straße nach Atar
Kaum haben wir uns auf unsere Matten gesetzt, kommt eine Frau mit ihren vier Kindern vorbei. Sie möchte uns geflochtene Untersetzer und Anhänger verkaufen. Stolz breitet sie alles vor uns aus. Sie reicht mir die Hand, spricht mich in einer fremden Sprache an. Anfangs bin ich etwas irritiert, doch dann dämmert mir, dass Frauen nur mit Frauen sprechen. Diesmal werden Max und Markus ignoriert. Egal wie abseits wir mit den Autos halten, der Buschfunk funktioniert. Dass weiße Touristen in der Gegend sind, spricht sich in Windeseile herum.
Hauptsache es gibt Tee
Nach Atar biegen wir wieder in die Wüste ab. Die Landschaft wird unwirtlicher. Grober, rauer Sand, Geröll, vertrocknete Sträucher. Unsere Guides haben heute Vormittag Feuerholz aufgeladen, als wir am Rande einer Oase gehalten haben. Nun wird uns klar weshalb. Die Wüste mit ihrem gold-gelben Sand wirkte fast lebendig. Hier gibt es schlicht nichts mehr. Es ist ein wie in einem Vakuum.
Über meine Haut zieht sich eine feine Sandschicht. Staub. Fahre ich mir über’s Gesicht fühlt es sich an wie ein Peeling. Ich kann nicht mehr sagen, ob meine Füße Farbe bekommen haben oder der Dreck mittlerweile meinen Hautton ausmacht.
Der Monolith Ben Amira & eine Liebesgeschichte
Am Horizont taucht ein Fels auf. Stunde um Stunde wird er größer. Der Monolith Ben Amira. Der zweitgrößte Monolith der Erde, der größte Afrikas. 633 Meter hoch. Es ist ein Koloss im Nichts. Daneben steht ein kleinerer, weiterer Monolith, Aisha. Unser Guide erzählt uns von der Legende, dass der große und kleine Monolith ein Ehepaar waren. Seit der Scheidung kehren sie sich den Rücken zu.
Ben Amira, der zweitgrößte Monolith der Welt
Der Monolith Aisha
Wir halten und wandern an Aisha entlang. Aisha ist eine Art Museum. Ein Freilichtmuseum, in welchem sich Künstler im Stein zum Thema „Frieden“ verewigt haben.
Und auch, was sie in den Felsen hinein interpretieren. Für mich sieht er aus wie ein auf dem Bauch liegendes, schlafendes Einhorn. Markus sieht eine Kaulquappe, Max eine Schildkröte. Es scheint auf alle Fälle mehrere Deutungen zu geben.
Wir umrunden den Monolith und schlagen unser Camp im Schatten von Ben Amira auf. Der Sonnenuntergang präsentiert sich abermals von seiner schönsten Seite. Als sich der Feuerball orange färbt, zieht ein Schäfer mit seiner Ziegenherde an uns vorbei. Pittoresker könnte der Moment kaum sein. Wie auf Bestellung für uns Westler, die wir die Wüstentour als großes Abenteuer sehen. Doch ich bin Realistin genug zu wissen, dass das Leben hier draußen nichts mit Romantik und Entschleunigung zu tun hat. Sondern vielmehr mit harter Arbeit und Entbehrungen. Zumindest wenn man es aus unserer Sichtweise betrachtet.
Wir schlagen unser Nachtlager im Schatten des großen Monolith auf. Unsere Guides haben aus den mitgebrachten Hölzern ein Lagerfeuer angezündet. Hier gibt es nichts außer rauem Sand und Wüstengräser, das in kleinen Büscheln beieinander steht.
Elisar warnt uns, wenn wir dort zur Toilette gehen. Denn dort tummeln sich manchmal Giftvipern und Skorpione. Aber Elisar beruhigt uns – er sei schon zwei mal von Skorpionen gebissen worden. Würde einen Tag höllisch weh tun, aber sei nicht tödlich! Na dann, sehr beruhigend (nicht). Wir sollten nur immer die Taschenlampe dabei haben wenn wir zwischen den kleinen Sandhügeln im Gestrüpp ein stilles Örtchen suchen. Damit wir sehen, wo wir hintreten. Schön, dass er das erwähnt, nachdem wir schon ein paar Stunden hier sind und jeder von uns mindestens schon einmal hinter den Sandhügelchen war.
Wir bleiben noch eine ganze Weile am Feuer sitzen und lauschen. Denn eigentlich sollte schon vor stunden der Zug vorbei gekommen sein. Der Zug, wegen dem wir hier sind: der längste Zug der Welt. Doch von dem fehlt bislang jede Spur. Die Schienen können wir von unserem Platz ausmachen, doch mehr ist weit und breit nicht zu sehen. Wir warten und lauschen. Doch außer dem Wind der über die brache Steppe pfeift ist nichts zu hören. Die Flammen des Lagerfeuers tanzen unter dem Sternenhimmel, und hier, am Ende der Welt im Nirgendwo scheint es, als würden die Sterne am Horizont bis auf die Erde reichen.
Die Nacht ist wesentlich kälter hier draußen als in der Oase. Windiger. Diese Nacht werden wir in unseren Schlafsäcken im Zelt verbringen. Und zum ersten mal kommen keine Bewohner vorbei um uns etwas zum Kauf anzubieten. Wir sind vollkommen allein.
Vier Tage sind wir durch die Wüste von Mauretanien gefahren. Was wir an Tag 3 und 4 alles erlebt haben, könnt ihr hier lesen. Vom längsten Zug der Welt über den Schiffsfriedhof und Stränden, die wir so nicht erwartet hätten. Offroad durch die Sahara, Teil 2.
Hallo :) Ich hätte ein paar fragen zu Mauretanien und der medizinischen Vorsorge. Gegen was habt ihr euch vorher Impfen lassen? Hast du evtl. eine Checkliste mit Medikamenten die man mitnehmen sollten? Verbandskasten? Sonst wichtige Dinge die man nicht vergessen sollte?
Wäre dir sehr dankbar für eine Rückmeldung :)
Liebe Grüße ✌🏼
Hallo Yasmin,
Impfungen haben sich seit unserer Weltreise nicht verändert. https://evaexplora.com/weltreise-checkliste/welche-impfungen-braucht-man-fuer-eine-weltreise/ Das hier ersetzt natürlich nicht die ärztliche Beratung. Und unsere Reiseapotheke findest du hier: https://evaexplora.com/reiseapotheke/.
Und sonst ist es natürlich entscheidend, wie du Mauretanien bereisen willst. Wenn du so wie wir überwiegend mit Auto und gebuchten Touren unterwegs bist, dann reicht die Reiseapotheke – den Rest bekommst du von den Tourveranstalter*innen. Wenn du solo durch die Wüste willst, dann bin ich nicht so ganz die richtige Ansprechpartnerin. Da habe ich zu wenig Erfahrung und andere Blogger*innen sicher mehr zu bieten.
Aber super, dass du das Land bereisen möchtest. Es wird spannend – egal wie du reist :)
Und einen Tipp noch: Im Podcast unserer Freunde Markus und Marcel kannst du dich ganz gut anekdotisch auf das Land einstellen: https://open.spotify.com/show/72obpNTAwbLA4taRLEkTao
Viele Grüße
Steffi
Hallo Eva,
ein wirklich tolles Abenteuer. Danke, dass du uns daran teilhaben lässt :)
Kannst du dich noch an die Namen deiner Guides erinnern bzw. hättest du eventuell sogar noch einen Kontakt, den du mit mir und meiner Gruppe teilen könntest?
Viele Grüße und weiterhin tolle Abenteuer ;)
Hallo Christina,
toll, dass dir der Text gefallen hat. Und ja, das war ein ECHTES Abenteuer. Wir können es sehr empfehlen. Zum Guide: Der heißt Sidi und ist ein langjähriger Freund eines unserer deutschen Freunde vor Ort.
Das hier ist seine Website:
https://tourmauritania.com/
Sagt Sidi schöne Grüße von Markus, Steffi und Max – er wird wissen wer wir sind :)
Grüße
Steffi
Ein großartiger Artikel, fantastische Bilder, wundervolle Beschreibungen, eine abenteuerliche Tour. Manchmal musste ich auch lachen über die feinen ironischen Einwürfe. Danke für den Einblick in ein für mich unbekanntes Land und die sagenhafte Wüste.
Vielen Dank für das liebe Kompliment! Die Wüstenlandschaft würde dir sicherlich auch gefallen, wenn auch der Rest oft sehr abenteuerlich war ;-)