„Ja, drei Wochen reisen wir durch Taiwan“, wiederhole ich zum xten Mal. Egal mit wem wir uns unterhalten, jeder Taiwanese starrt uns ungläubig an. Scheinbar bleiben die meisten Besucher nur 1-2 Wochen hier – wenn überhaupt. Ja, es gibt Reisende in Taiwan, die Mehrheit sind jedoch Taiwaner selbst. Drei Wochen haben wir uns unter sie gemischt.

Touristen sehen wir nur verhältnismäßig wenige. Mal im Hostel, mal auf einem zentralen Nachtmarkt. Die kann man dann aber an einer Hand abzählen.

Palast in TaipeiEiner der zentralen Punkte für Touristen – nur ohne Touristen 

Taiwan, diese winzige ostasiatische Insel vor China. Die irgendwie zu China gehört, irgendwie aber auch ein eigenes Land ist. Dieses Land, von dem ich bislang die wenigsten Vorstellungen hatte. Über das ich bei unserer Ankunft nahezu nichts wusste (da Max dieses Mal die Routenplanung übernommen hatte).

Taiwan überrascht auf ganzer Linie

Taiwan also. Und was soll ich sagen, Taiwan hat mich so überrascht. So fasziniert und begeistert. Taiwan ist Ostasien und so anders als Südostasien. Fast fühle ich mich ein bißchen wie in Europa – wären da nicht all die unverständlichen chinesischen Schriftzeichen. Alles läuft geregelt und funktioniert irgendwie problemlos. Nach mehreren Monaten in Entwicklungsländern ist Taiwan der helle Wahnsinn! Dieser Wasserdruck. Am ersten Morgen dusche ich erste einmal 20 Minuten, das Wasser sprudelt aus dem Duschkopf und wird so heiß, dass ich es runter drehen muss. Was ein Erlebnis nach den Philippinen. Allein die Dusche war die Anreise wert. Und dieses Internet. Das funktioniert hier, es ist sogar großartig. Statt vier Minuten den Ladebalkan anzustarren, um dann mit einem „… kann die Seite nicht öffnen“ enttäuscht zu werden, ploppen meine Emails zwei Sekunden nach Öffnen der App auf. Ich bin regelrecht sprachlos (auch wenn es gar nicht so geil ist, wenn man plötzlich Emails aus den letzten zwei Wochen auf einen Schlag bekommt). 

Die Müllabfuhr spielt Beethovens Für Elise wenn sie durch die Straßen fährt. Daraufhin kommen die Menschen mit Müllsäcken aus den Wohnungen geflitzt um ihren Unrat zu entsorgen.

Busse werden nur mit so vielen Menschen besetzt wie es Plätze gibt. Man fährt längere Strecken auf Autobahnen! Ja,  richtige echte Autobahnen! Auf denen keine Ochsenkarren oder Fahrräder quer über die Fahrbahn juckeln. Busse und Bahnen sind sauber, bequem, pünktlich, schnell, neu und sicher. Es gibt Fahrpläne und Informationsschalter.

sitze in einem Bus in TaiwanBeinahe mehr Sofa als Sitz – ein Standard an den man sich schnell gewöhnt

Fast macht Taiwan das Reisen schon ein bisschen zu einfach

Aber nur fast. Denn in Taiwan sprechen nicht allzu viele Menschen englisch. Trotzdem findet sich immer jemand, der weiterhilft. Und ansonsten zücken die Menschen einfach ihr Handy und schalten die Übersetzungsapp an. Nach vier Wochen Philippinen fühle ich mich 30 Jahre in die Zukunft gebeamt. In einem Kaufhaus treffe ich sogar auf einen Roboter – der nur leider kein Englisch spricht. Schade. Aber niedlich ist er ja.

Das Essen ist das verrückteste, was ich je gesehen habe. Von Food Märkten über die aberwitzigsten Restaurants bis hin zu unfassbar leckeren Bäckereien. Ich könnte hier den ganzen Tag nur futtern.

Dumplings mit Gesicht
Hat die Menschheit jemals süßere Dumplings gesehen? Ich glaube nicht!

Das einzige was mir nicht gefällt sind die Obstpreise. Ein Apfel kostet mindestens 1 Euro. Eine Mango 1-2 Euro. Anfangs dachte ich noch, es seien die Kilopreise. Aber nix da. Obst ist teurer als alles andere in diesem Land. Liegt wohl daran, dass sie fast alles importieren müssen.

Taiwan in drei Wochen – einmal Westküste und zurück

Taiwan ist klein. Geradezu winzig. Ungefähr so groß wie Baden-Württemberg. Nicht einmal 400km lang und nur 144 km breit. Süß. Und theoretisch könnte man in drei Wochen jede Stadt besuchen, jede Sehenswürdigkeit und jeden Stein. Aber dieses Mal haben wir keine Lust auf zu viel herumreisen. Also sind wir einmal die Westküste runter und wieder rauf. Die Ostküste soll landschaftlich wunderschön sein, mit traumhaften Küstenstraßen und Stränden. Aber nach vier Wochen Strand und Sand auf den Philippinen liegt die Messlatte ganz schön hoch und wir haben uns außerdem richtig auf Städte gefreut. Also haben wir die Ostküste sausen lassen und die Westküste in aller Ruhe und ohne Stress abgeklappert.

In der ersten Woche hatten wir außerdem ein bißchen Pech mit dem Wetter. Es regnete fast jeden Tag und es war kalt. Für mich viel zu kalt. Aber wenn man sich nach vier Wochen an täglich 35 Grad Hitze gewöhnt hat, sind 15 Grad plötzlich ein kleiner Schock. Zumindest für mich.

Nach vier Regentagen in Taipei haben wir beschlossen das noch fällige Besichtigungsprogramm aufs Ende der Reise zu verschieben und gen Süden zu fliehen. Über Taichung und Tainan ging es runter bis Kaohchiung, zurück nach Taichung und wieder nach Taipei.

Ach ja, Taiwan nannte man früher übrigens Ilha Formosa – die schöne Insel. Und damit hatten die Portugiesen wirklich recht, als sie ihr diesen Namen gegeben haben.